„Momentan kann ich nur zuhause trainieren, aber das ist immer noch besser als gar nicht”, gesteht die 29-Jährige wehmütig. Die Corona-Krise geht auch an ihr nicht spurlos vorbei, sind Fitnesscenter und Trainingsmöglichkeiten doch derzeit nicht zugänglich. „Ich wollte im Mai an Wettkämpfen teilnehmen, muss mich jetzt aber auf die Herbstsaison konzentrieren.“ Dabei hat Barbi, wie sie Freunde nennen, gerade erst ihren ersten Wettkampf hinter sich – und quasi aus dem Stand sogleich den zweiten Platz belegt. Kein Wunder also, dass sie es kaum erwarten kann, sich erneut zu präsentieren. Doch wie kam die junge Frau, die ursprünglich aus der Gastronomie kommt, eigentlich dazu, Gewichte zu stemmen?


Vom Thaiboxen zum Kraftsport

Barbis Lebensgefährte ist seit frühem Teenageralter Sportler und kann einige Erfolge als Thaiboxer vorweisen. Vor rund vier Jahren versuchte sich auch Barbi in diesem Kampfsport: „Ich mochte Thaiboxen, meine Trainer wollten mich auch zu Wettkämpfen schicken, aber das Training war unheimlich schwer zu koordinieren mit der Arbeit.“ Etwa zu dieser Zeit begann sie auch mit dem Hanteltraining. Und obwohl sie sich schweren Herzens vom Kampfsport verabschieden musste, dem Gewichteheben blieb sie treu. Schon während ihrer Zeit als Thaiboxerin sah sie erste Veränderungen an ihrem Körper, „aber wirklich dramatische Erfolge stellten sich erst ein, als ich anfing, auch meine Ernährung umzustellen.“

Der Wechsel von Kampf- zu Kraftsport war fließend, viel schwerer tat sie sich jedoch mit der Umstellung der Ernährung. „Ich bin ein Süßmaul, ich liebe Süßigkeiten!“ Diese sind natürlich nunmehr weitestgehend von Barbis Ernährungsplan gestrichen. Stattdessen gibt es Hühnerbrust, Reis und jede Menge Gemüse – und das nicht nur vor Wettkämpfen. Doch dies ist nicht das einzige Opfer, das Barbi erbringen muss.

„Zum Glück unterstützt mich mein Lebensgefährte in allem, was ich tue, so macht ihm auch mein Ernährungsplan nichts aus.“ Daneben heißt es aber auch: knallhartes Training. „Vier Trainingseinheiten sind das Minimum.“ Um in der Sportmodell-Kategorie zu bestehen, stemmt Barbi fast täglich Gewichte. „Oberkörper und Arme trainiere ich mit 12 Kilo-Gewichten und 4 Sets mit jeweils 10 bis 14 Wiederholungen, meine Beine mit 60 bis 80 Kilo.”


Beweglichkeit und explosive Energie

In Barbis Kategorie sind es vor allem die Schultern, die besonders definiert sein sollten, „aber das unterscheidet sich je nach Klasse, in der man antritt.“ So gibt es bei den Damen die Klassen Bikini, Sport, Body Fitness, Figure, Physique und Body Building, die sich alle durch Menge und Intensität der Muskelmasse unterscheiden. „Im Body Fitness zählen außerdem noch Beweglichkeit und explosive Energie.“ In dieser Kategorie präsentieren Teilnehmer ganze Choreografien, Spagat gehört zur Grundausstattung und generell ist diese Kategorie die einzige, die dynamisch ist. In allen anderen zählt lediglich die statische Präsentation des eigenen Körpers.

Auch deswegen hat Barbi das erste Mal in ihrem Leben Posing-Stunden genommen. „Posing ist unheimlich anstrengend. Zum einen lernt man grundlegende Haltungen und Positionen auf der Bühne, zum anderen aber auch, wie man sich auf der Bühne zu bewegen hat.“ Die größte Herausforderung, gesteht Barbi, sind die Schuhe: „Die Glasschuhe, wie sie bei uns heißen, sind genau reglementiert. Sie müssen aus durchsichtigem Kunststoff sein und sind relativ hoch. In Posing-Stunden lernt man deswegen auch, wie man mit diesen Schuhen elegant schreitet und dennoch alle Muskeln anspannen kann.“ Es gibt vier Grundposen, von allen Seiten wird sich in der Gruppe, aber auch einzeln präsentiert. Dabei geht es vor allem darum, alle Muskeln anzuspannen und möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen.


Natürlichkeit soll gewahrt bleiben

In Barbis Kategorie, der Sportkategorie sind es definierte Schultern und Arme, die zählen, jedoch muss das Gesamtbild stimmen. „In der Wellness-Kategorie, die etwas außerhalb des klassischen Kraftsports steht, geht es vor allem um Schenkel und Po, da zählt ein definierter Oberkörper wenig bis gar nicht.“ Bei allem Ehrgeiz legt sie aber Wert auf Natürlichkeit. Es ist ein offenes Geheimnis, dass im Bodybuilding häufig auf Steroide zurückgegriffen wird. In der INBA Hungary beispielsweise darf aber nur antreten, wer nachweislich auf rein natürlichem Wege seine Muskelberge hat wachsen lassen. „Ein, oder maximal noch zwei Kategorien höher könnte ich mir vorstellen, aber darüber hinaus finde ich, sieht es nicht mehr weiblich aus.“

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„Posing ist unheimlich anstrengend.“


Die Leistung ihrer Mitsportler erkennt sie dennoch an, auch wenn ihr nicht alles im Sport gefällt. „Gerade in der Bikini-Kategorie sind Schönheits-OPs unter den Wettkämpferinnen gang und gäbe, rund 70 bis 80 Prozent der Frauen da haben sich Brust-OPs unterzogen.“ An Barbi hingegen ist alles echt und hart erarbeitet.


Genetik und Ernährung sind der Schlüssel

Zugegeben, ihre Genetik gibt ihr einen gewissen Vorteil: „Ich baue schneller Muskeln auf, als viele andere Frauen, ich neige nicht dazu, sofort Fett anzusetzen, sobald ich im Training mal nachlässig bin, ich sehe schnell Erfolge.“ So kam der Impuls, an Wettkämpfen teilzunehmen, zwar von außen, als immer mehr Trainingskollegen Barbi antrugen, sich auch mit anderen Kraftsportlerinnen zu messen, doch die eigentliche Arbeit wartete erst noch auf Barbi. „Ich habe von Anfang an viel mit Youtube-Videos gearbeitet, habe mir von dort Übungen und Techniken abgeschaut. Als ich mich entschloss, an einem Wettkampf teilzunehmen, suchte ich mir eine Trainerin, die mir mit der Vorbereitung hilft.“

Ihre Wahl fiel auf Zsóka Halász. Die bekannte Figure-Wettkämpferin und Trainerin machte sich jedoch nicht etwa daran, einen neuen Trainingsplan für die Jung-Competitorin zu erstellen, sondern ging vor allem ihre Ernährung an: „Die zwei-drei Monate, die man sich wirklich intensiv auf die Wettkampf-Saison vorbereitet, sind furchtbar“, gesteht Barbi. Während sie normalerweise rund 80 Prozent des Diätplans einhält, wurde die Diät von Zsóka noch strenger gefasst. „Reis war fast komplett gestrichen, am Ende gab es nur noch Gemüse und ohne Salz gedünstete Hühnerbrust.“ Es sei ein Alptraum für ein Süßmaul wie sie gewesen. „Aber es lohnt sich, du weißt, wofür du leidest und du besiegst dich jeden Tag aufs Neue selbst.“

Neben der körperlichen ist es auch die seelische und nicht zuletzt die finanzielle Belastung, die Barbi derzeit noch abwägen lässt, an welchem Wettkampf sie teilnehmen möchte: „Da sind die Posing-Stunden, die Leihgebühr für den Bikini, die Wettkampfgebühr, die Arbeit mit der Trainerin im Vorfeld, die künstliche Bräune am Wettkampftag und etliches mehr. Das alles kostet nicht wenig und wirklich Geld kommt durch Wettkämpfe nicht herein, zumindest nicht hier in Ungarn.“

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„Ich baue schneller Muskeln auf, als viele andere Frauen.“
Doch Barbi hat nach dem ersten Erfolg Lust auf mehr. Mittlerweile arbeitet sie nicht mehr in der Gastronomie, sondern als Personal Coach, bildet sich fort und kann so mehr Zeit ins Training stecken. Ihre Zukunft sieht sie unzweifelhaft im Sport, denn Kraftsport, so ist sie sich sicher, ist etwas für jeden und jede Altersgruppe. „Klar, ich habe am Anfang allein trainiert, aber ich würde jedem empfehlen, der die Möglichkeit und Lust auf den Sport hat, gleich am Anfang mit einem Trainer zu arbeiten. So umgeht man Verletzungen und hat auch viel schneller Erfolge.“ Und dann, so ist sie sicher, steht der Transformation des eigenen Körpers nichts mehr im Wege.
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