Nicht nur auf Facebook werden immer mehr Profilbilder mit solchen Aufschriften versehen, auch in der Hauptstadt sieht man immer häufiger Graffitis, die Mitbürger zum Daheimbleiben auffordern. Zu Recht, denn laut Experten ist derzeit die wirksamste Strategie, die „Kurve abzuflachen“ („flattening the curve“), sprich statt sprunghaft und binnen kurzer Zeit viele Erkrankungen zu haben, sollen diese über einen möglichst langen Zeitraum verteilt werden. Hierbei ruht alle Hoffnung auf zwei Faktoren. Zum einen, dass eine neuerliche Infektion nach einmaliger Erkrankung nicht möglich ist und damit ab einem bestimmten Punkt eine sogenannte Herdenimmunität eintritt und zum anderen, dass entweder ein Heilmittel, aber vielmehr ein Impfstoff entwickelt wird.


Home office als Alternative

In vielen Firmen gehört es bereits zum Alltag, doch durch die Krisensituation nun sind auch jene Kollegen zum Zuhause arbeiten angehalten, denen diese Möglichkeit bisher vielleicht nicht offen stand oder sie einfach nicht genutzt haben. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, um den alltäglichen Berufsverkehr und damit auch Ansteckungsgefahr zu minimieren.

Wem das Home Office neu ist, der sollte sich an folgende Tipps halten, um nicht allzu sehr aus gewohnter Produktivität zu fallen.

  • Behalten Sie Routinen bei. Stehen Sie wie gewohnt auf und halten alles beim Alten. Obwohl die Versuchung groß ist – Home Office ist kein Urlaub. Es erfordert ungeahnte Disziplin, eben nicht ins Nichtstun zu verfallen. Indem gewohnte Arbeitsrhythmen beibehalten werden, können Sie auch Ihre Produktivität aufrecht erhalten.
  • Stellen Sie Regeln mit den Menschen in Ihrem Umfeld auf. Heimarbeit bedeutet auch für die Menschen im selben Wohnraum eine Herausforderung. Insbesondere für Familien ist dies nicht zu unterschätzen. Sind beide Eltern berufstätig (und nun ins Home Office gebunden), legen Sie eine Zeiteinteilung fest und welche Aufgaben rund ums Heim und Haus während dieser Zeit erledigt werden können.
  • Legen Sie Pausen ein. Wie auch im Büro sind in der Heimarbeit Unterbrechungen wichtig, um die Produktivität zu fördern. Halten Sie sich an die gewohnten Pausenzeiten.
  • Schaffen Sie sich einen Arbeitsplatz. Heimarbeit kann von der Couch aus arbeiten bedeuten, Erfahrungen zeigen aber, dass ein Arbeitsplatz ungemein hilfreich sein kann, wenn es um Konzentration und erfolgreiches Arbeiten geht.
  • Beenden Sie Ihren Arbeitstag. Stellen Sie sicher, dass, obwohl Sie von daheim arbeiten, Sie genug Zeit „außerhalb des Büros“ verbringen. Schalten Sie Ihr Email-Programm ab, stellen Sie Ihr Geschäftstelefon auf lautlos sobald Ihre Arbeitszeit abgelaufen ist. Dies ist wichtig, um nicht in permanentem „Arbeitsmodus“ zu verweilen, sondern sich bewusst von der Arbeit – obwohl von zuhause ausgeübt – zu distanzieren.

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Für viele jetzt eine neue Erfahrung: Das Home Office. (Foto: MTI / Zsolt Czeglédi)


Alle genannten Tipps lassen sich natürlich auch auf Schüler, die derzeit von zuhause lernen, anwenden. Und wer weiß, vielleicht gefällt dem ein oder anderen Arbeitgeber das Home Office so gut, dass es auch in Zukunft mehr Verbreitung findet.


Freizeitaktivitäten für Quarantänezeiten

Nicht zuletzt das fehlende Freizeitangebot kann Quarantänezeiten mental belastend machen. Der Frühling tut alles, um einen Spaziergang im Wald oder Tagesausflüge in weniger frequentierte Gegenden so attraktiv wie möglich erscheinen zu lassen. Doch auch, wer daheim bleibt, muss sich nicht langweilen.

  • Jeden Sonntag um 11 Uhr stellt das Vaskakas Puppentheater eine frühere Vorstellung online (www.vaskakas.hu)
  • Das Kuttyomfitty Volkstanzensemble streamt am Samstag (21. März) ab 15 Uhr „Die zertanzten Schuhe” live auf Facebook (Kuttyomfitty társulat)
  • Schauspieler Attila Epres liest jeden Abend um 23 Uhr Kurzgeschichten auf seinem Facebook-Profil live.
  • Die Musikakademie streamt am Sonntag (22. März) Beethovens Wallenstein Sonate live (https://zeneakademia.hu).
  • Das Budapest Festivalorchester erfreut sein (Online-) Publikum allabendlich mit Kammerkonzerten (https://bfz.hu/hu/media/karantenestek/).
  • Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk hat seine Archive geöffnet (https://archivum.mtva.hu).


Eine umfassende – und täglich wachsende – Sammlung an Links und Livestreams gibt es auf Facebook in der Gruppe „Élő közvetítések koronavírus idején“ (dt.: Live-Übertragungen in Zeiten des Coronavirus). Von gemeinsamem Yoga über Tanz- und Fitnessklassen findet sich dort sicher für jeden etwas.


Sinnvoll einkaufen

Auch in Ungarn haben sich in den vergangenen zwei Wochen immer mehr Menschen zu Panikkäufen hinreißen lassen. Dabei ist Hamstern, zumindest wie es derzeit scheint, nicht notwendig. Viel wichtiger – und zum Glück auch immer häufiger anzutreffen – sind Zettel, auf denen vor allem jüngere Bewohner ihren älteren Nachbarn anbieten, Einkäufe und Apothekenbesuche zu erledigen. Auch in sozialen Netzwerken bieten immer mehr Menschen ihre Hilfe an. Doch nicht nur Einkäufe, sondern auch Gassigehen oder Babysitting werden als Nachbarschaftshilfe immer häufiger angeboten und angenommen.

Wer Hilfe braucht, sollte sich auf Facebook umsehen, ob es lokale Gruppen gibt. Aber auch die Plattform „Miutcánk“ (www.miutcank.hu – dt.: Unsere Straße) ist genau auf diese Art von Nachbarschaftshilfe spezialisiert. Und auch, wer seine Dienste anbieten möchte, kann dies hier tun.

Etwas, dessen Sinnhaftigkeit zumindest stark bestreitbar ist, ist das Tragen von OP-Masken. Diese schützen, entgegen dem weit verbreiteten Glauben, lediglich nach Innen, sprich, sie schützen davor, dass ein Infizierter andere ansteckt. Viele Menschen tragen diese Masken jedoch mit der Absicht, sich vor Ansteckung zu schützen. Dies ist jedoch, auch laut der WHO, gar kontraproduktiv. Denn nicht nur bleiben so weniger Masken für diejenigen, die sie wirklich benötigen (beispielsweise in Krankenhäusern, in denen bestätigte Corona-Patienten mit noch auf ihre Testergebnisse Wartenden in einem Zimmer untergebracht sind), viel mehr geben sie dem Träger ein falsches Gefühl von Sicherheit, was gegebenenfalls sogar gefährlicher sein kann. Der bisher wohl unbestritten sicherste Weg, um sich vor Ansteckung zu schützen, ist weiterhin, daheim zu bleiben und sich regelmäßig, intensiv die Hände zu waschen.


Hilfe leisten

Neben der bereits erwähnten Nachbarschaftshilfe greifen aber auch noch andere Trends um sich, die zeigen, dass Ungarn trotz aller Schwierigkeiten zueinander halten. Zum einen reduzieren immer mehr Vermieter die Miete vor allem für junge Menschen, die wegen der neuen Situation vorerst weniger oder gar kein Einkommen mehr haben, markant. Wie es scheint, schließen sich dem immer mehr Vermieter an.

Viele gehen sogar noch einen Schritt weiter. In der öffentlichen Gruppe #Maradjotthon (Bleib zuhause!) bieten Vermieter und Büros ihre Räumlichkeiten in der Nähe von Krankenhäusern an. Damit soll Pflegern, Schwestern und Ärzten geholfen werden, die aufgrund fehlender Schutzkleidung und Masken dem Virus viel stärker ausgesetzt sind, den Virus aber nicht heim zu ihren Familien bringen wollen. Alle Unterkünfte für Gesundheitspersonal werden kostenfrei zur Verfügung gestellt, vielerorts bieten die Gastgeber auch die Versorgung mit Lebensmitteln an.

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Eine ideale Zeit für Nachbarschaftshilfe und Nächstenliebe.


Ein anderer Teil der Gesellschaft, der nicht weniger gefährdet, jedoch weit weniger sichtbar ist, sind Obdachlose. Zwar versuchen Hilfsorganisationen ihre Klienten davon abzuhalten, sich allzu viel in der Stadt umher zu bewegen, jedoch ist „social distancing“ und daheim bleiben für jemanden, der kein Zuhause hat und mit mehr als zehn Personen in einem Raum schläft, schlicht unmöglich.

Eine der größten Hilfsorganisationen der Stadt, die Stiftung Menhely, koordiniert die Hilfe und bittet um folgende Sachspenden (neben dringend benötigter finanzieller Unterstützung): Schlafsäcke, haltbare, bzw. verzehrfertige Lebensmittel (Konserven, Aufschnitt, Brotaufstriche, usw.), FFP2- und FFP3-Masken, Op-Masken, Desinfektionsmittel (Hand und Oberflächen) sowie Laptops und Lautsprecher (auch als Leihgabe, um Unterhaltung via Livestreams usw. zu ermöglichen).


Wer spenden möchte, jedoch nicht weiß wie, wo und was, kann sich unter spendenkoordinationBP@gmail.com an die Autorin dieses Artikels wenden, die selber als ehrenamtliche Helferin schon seit Jahren im Sozialbereich tätig ist.

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