Am Jahresende erschien ein Regierungsbeschluss über einzelne Gesundheitsfragen. Unter anderem wird darin die teilweise Entschuldung der Krankenhäuser zu Lasten des Budgets für 2020 angewiesen. Zwar erhalten die Gesundheitseinrichtungen 80 Milliarden Forint mehr, von denen sie aber nur 42 Milliarden unmittelbar zur Begleichung überfälliger Rechnungen aufwenden dürfen, während 36 Milliarden fließen sollen, um den Strukturwandel auf institutioneller Ebene zu befördern, die Gesundheitsversorgung zu rationalisieren und die von Seiten der Krankenhäuser erbrachten Leistungen anzuerkennen.

Nach Angaben des Fiskus häuften sich bis Ende November Gesamtschulden in Höhe von 71 Milliarden Forint bei den Gesundheitseinrichtungen an, die bis zum Jahresende – bei gleichbleibender Dynamik – 76 Milliarden erreicht haben dürften. Demnach decken die nun zusätzlich bewilligten Haushaltsmittel weniger als sechzig Prozent der Schulden ab. Dementsprechend werden nicht nur die längst überfälligen Forderungen der Lieferanten auf die lange Bank geschoben; auch künftig erstellte Rechnungen von ihrer Seite könnte das gleiche Schicksal ereilen.


„Extraprofiten“ zu Leibe rücken

Da klingt es wenig verheißungsvoll für die geprellten Lieferanten, wenn der Regierungschef dem für den Sektor zuständigen Minister den Rat mit auf den Weg gab, er solle mutig den „Extraprofiten“ der Lieferanten zu Leibe rücken. Obendrein definierte der Premier die Zielstellung für den Minister bezüglich des neuen Jahres, dass die Krankenhäuser keine neue Schulden mehr machen dürften. Das wird nicht einfach fallen, selbst wenn der Regierungsbeschluss weitere Budgetverantwortliche, ein umfassendes Controlling und neue Rechtsnormen ins Feld schickt.

Dass sich die Schulden der Krankenhäuser nun schon seit Jahrzehnten immer wieder aufs Neue anhäufen, zeigt vor allem, dass derart breit aufgestellte Kapazitäten mit dem vorhandenen Geld einfach nicht aufrechterhalten werden können. Wegen des akuten Mangels an Arbeitskräften diktiert bei den Löhnen schon längst nicht mehr das Gesetz über die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, sondern der Markt. Dabei lockt Fachkräfte nicht mehr nur unbedingt das im Ausland winkende Salär; auch der hiesige Privatsektor wird in jüngster Zeit zunehmend attraktiver und bietet somit jenen eine Alternative, die wegen der unbefriedigenden Entlohnung nicht gleich auswandern wollen.


Orientierung an den wahren Kosten

Neben dem Ärztemangel ist ebenso das Defizit an sonstigen Fachkräften alarmierend. Um sie zu halten, wurde eine mittelfristige Tarifvereinbarung abgeschlossen, die ihnen bis 2022 immerhin 72 Prozent mehr Gehalt verspricht. Es unterminiert zugleich die Glaubwürdigkeit der Regierungsstrategie zur Stärkung der Hausärzte, dass mit Ausnahme der Hebammen alle Mitarbeiter in der medizinischen Grundversorgung von dieser Tarifanhebung ausgeschlossen bleiben. Im Ergebnis des Wettbewerbs am Markt gibt es mittlerweile Krankenhäuser, die ihren Betrieb nur so aufrechterhalten können, indem sie knapp achtzig Prozent ihrer Ausgaben allein für Personalkosten aufwenden – und noch im Durchschnitt sämtlicher Gesundheitseinrichtungen liegt dieser Anteil bei siebzig Prozent. Nicht von ungefähr strengt der Krankenhausverband schon seit Jahren eine gesetzlich vorgeschriebene Deckelung der Stundenlöhne an, um die auf manchen Gebieten in Schwung geratene Lohnspirale mit Hilfe von außen zu bremsen.

Der erwähnte Regierungsbeschluss definiert des Weiteren die Aufgabe, die längst allen Realitäten entrückte Finanzierung durch Strukturen abzulösen, die sich an den wahren Kosten und Bedürfnissen orientieren. Dafür wird jedoch eine irreal kurze Frist von sechs Monaten gesetzt. Umsetzbar wäre diese Aufgabenstellung alleine dann, wenn die Gesundheitspolitik den 2011 als Generalkonzept verfassten Semmelweis-Plan aus der Schublade holt.


Es braucht politischen Mut

Sicher dürfte ausgehend vom aktuellen Regierungsbeschluss sein, dass drei namentlich genannte Bereiche bis Ende Oktober zentralisiert aufgestellt und finanziert werden, die da wären: Traumatologie, Gefäßchirurgie und Labordiagnostik. Das Überleben und die künftige Lebensqualität von schwer Erkrankten werden nämlich entscheidend dadurch beeinflusst, wie schnell sie in ein Gesundheitszentrum gelangen, wo alle Bedingungen für eine moderne Behandlung gegeben sind. Im Falle der Gefäßchirurgie wird dabei eher aus der Not eine Tugend gemacht: Die Konzentration der wenigen vorhandenen Fachärzte auf einige Zentren verspricht den Patienten am ehesten Hoffnung auf eine angemessene Behandlung auf hohem Niveau. Dass die Labortechnik konzentriert werden soll, hat vermutlich seine Gründe in der Kosteneffizienz, denn die zunehmend teureren Untersuchungen lassen sich wirtschaftlicher durchführen, wenn eine entsprechende Anzahl an Krankheitsfällen gegeben ist.

Bis zum Juni sollen das Konzept für die neu verteilten Kapazitäten, die regionalen Leistungspflichten, ein System von Qualitätsindikatoren und eine Finanzierungsform stehen, bei der die vollständige Behandlung des Patienten in eine Hand genommen wird. Das würde allen bisherigen Kalkulationen nach zur Schließung beziehungsweise zur Neuaufstellung von kleineren Krankenhäusern im ländlichen Raum führen. Standortschließungen wird es allerdings schon allein aus plausiblen Gründen nicht wirklich geben: Es gibt einfach so wenig Krankenhäuser, sodass für optimale Strukturen eher noch neue Kapazitäten geschaffen werden müssten. Ob jedoch der politische Mut gegeben ist, Umgestaltungen dieser Tragweite anzugehen, muss stark angezweifelt werden.


Komfort wichtiger als Technik

Der Ministerpräsident befasste sich auf der besagten Pressekonferenz mit drei spezifischen Segmenten des für das Gesundheitswesen geplanten Maßnahmenpakets. Er kündigte den Plan für Gehaltserhöhungen von Fachkräften an, während er entschieden festhielt, die Verschuldung der Krankenhäuser erkläre sich daraus, dass ungedeckte Verpflichtungen eingegangen würden, was nicht länger zugelassen werden dürfe. Verblüffend war die Ansage des Ministerpräsidenten, die für Modernisierungen zur Verfügung stehenden Gelder sollten dafür verwendet werden, Krankenzimmer, Warteräume und den Sanitärtrakt überall dort zu renovieren, wo das vor mehr als drei Jahren das letzte Mal geschehen sei.

Damit brachte er in den Reigen der fachlichen Konzeptionen zur Erneuerung des Gesundheitswesens einen weiteren Aspekt ein. Denn damit Patienten zufrieden mit ihrer Gesundheitsversorgung sind, ist es sehr wohl ausschlaggebend, welches Komfortniveau sie im Krankenhaus und auf Station antreffen: Einen bettlägerigen Kranken interessiert halt mehr das Essen, als der Stand der Technik.

Neben dem geforderten drastischen Abbau der Wartelisten ist dies ein zweites Feld, auf dem positive Veränderungen im Gesundheitswesen für die Bevölkerung unmittelbar wahrnehmbar werden. Einmal abgesehen davon, dass sich gute Hotelleistungen weitaus preisgünstiger gewährleisten lassen, als die Beschaffung und Betreibung von Spitzentechnik.


Der Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin Figyelő.

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