Es ist ungewöhnlich, dass eine Deutsche Ungarischkurse anbietet. Wie kamen Sie auf die Idee?

Ich selber begann zwei Wochen nach meiner Ankunft in Budapest Ungarischkurse zu nehmen. Es war mir schrecklich unangenehm, dass ich nicht in der Lage war, auch nur ein einfaches Brot zu kaufen, geschweige denn, mich dafür zu bedanken. Deshalb schockierte es mich, als ich immer wieder, schon länger in Ungarn lebende Expats traf, die gar kein Ungarisch sprachen.

Doch schon bald nahm ich ein anderes Problem war: Immer wieder traf ich Expats, die zwar Ungarischkurse belegt, doch irgendwann aufgehört hatten. Die Kurse waren einfach nicht praxisorientiert, sondern brachten Schritt für Schritt die ganze schwierige Grammatik bei. „Nach mehreren Monaten Unterricht konnte ich immer noch keinen Kaffee bestellen”, erzählte mir ein Expat seine frustrierende Erfahrung. Jemand anderes hatte sogar drei verschiedene Lehrer probiert, um dann schließlich entnervt die Flinte ins Korn zu werfen.

Dazu kam, dass ich in meinen selber absolvierten Kursen viele wichtige Alltagsbegriffe nicht lernte. Zacskó (Tüte) oder Készpénz (Bargeld) sind nur einige diese wichtigen Begriffe.


Sind alle Ungarischkurse so wenig praxisorientiert?

Die meisten sind es leider, auch wenn es manche positive Ausnahmen gibt. Das sind jedoch einzelne Lehrer, keine Institutionen. Die Herangehensweise ist genauso, wie ich früher in der Schule Englisch und Französisch gelernt habe: Die Sprache im Ganzen lernen. Das ist allerdings nicht zeitgemäß für Expats, die nur zwei bis drei Jahre in einem Land wohnen.


Was ist das Besondere an Ihren Kursen?

Unsere Kurse sind äußerst praxisorientiert. Zum einen wählen wir sorgfältig die Vokabeln aus, die wir anschließend in Expat-relevante Geschichten einbauen. Zum anderen enden alle unsere Module mit einer Praxisstunde: Im Modul „Food“ kaufen die Kursteilnehmer Gemüse ein, im Modul „Socializing“ unterhalten sie sich mit Fremden, im Modul „Having Fun with Boring Stuff“ kaufen sie Briefmarken. Wir bieten übrigens auch die Möglichkeit, einen Babysitterservice in Anspruch zu nehmen, damit sich auch junge Mütter an unseren Kurse beteiligen können.

Zusätzlich zu den Sprachkursen bieten wir auch kulturelle Veranstaltungen und weitere Freizeitaktivitäten an.


Zum Beispiel?

Kürzlich veranstalteten wir eine Wanderung mit Kindern in den Hügeln von Buda. Im November planen wir eine Weinverkostung. Im Dezember können Expats mit uns den Weihnachtsmarkt erkunden und im Stadtwäldchen Schlittschuhlaufen – alles natürlich inklusive Mini-Sprachkurs.


Wie lang sind Ihre Kurse und ab wann sehen Sie einen Effekt?

Jedes unserer Module geht über sechs Wochen. Und obwohl die Teilnehmer nur einmal pro Woche zusammenkommen, sehen wir bereits in kürzester Zeit, dass sie anfangen zu sprechen. Spätestens bei der Praxisstunde können sie das Material anwenden.


Ist Ihr Konzept erfolgreich?

Ja. Die Kursteilnehmer sprechen und werden offener der ungarischen Kultur gegenüber. Ich erinnere mich noch an das strahlende Gesicht einer Amerikanerin, als sie im Kurs erzählte, wie sie auf dem Markt Eier gekauft hatte. “I was so proud we communicated!”, sagte sie.

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Alle Module enden mit einer Praxisstunde.
Natürlich kann man an den Kursen immer noch etwas verbessern, als gute Deutsche bin ich leider Perfektionistin. So nehme ich beispielsweise in den nächsten Wochen die Vokabeln auf, damit die Kursteilnehmer sie auch zuhause anhören können.

Wo finden die Kurse statt?

Wir gehen auf Expats zu und bieten deshalb die Kurse an unterschiedlichen Orten an: Auf der Budaer Seite im Remiz, einem Restaurant nahe dem Shopping Center Budagyöngye, und auf der Pester Seite im Bálint Ház hinter der Basilika und im Oktatóterem bei der Metrostation Astoria.


Werden die Kurse nur von Frauen besucht?

Der Großteil der Teilnehmer sind in der Tat Frauen. Allerdings haben wir auch schon männliche Teilnehmer gehabt.


Was ist, wenn jemand an keinem der Gruppenkurse teilnehmen kann?

Wir bieten auch Privatkurse an. Unsere Lehrerinnen kommen gerne direkt nach Hause oder ins Büro. Natürlich fehlt bei einem Privatkurs der soziale Aspekt, doch der Vorteil ist, dass das Material beliebig gekürzt oder verlängert werden kann und die Stunden dem jeweiligen Kalender angepasst werden können.


Was kostet die Teilnahme an einem Gruppenkurs?

Ein Kurs kostet 27.000 Forint. Die Kosten beinhalten einen Grundkurs, Onlinekurs und Kursmaterial. Wir haben immer wieder Kunden aus internationalen Firmen, die in der Regel die Kosten übernehmen.


Was empfehlen Sie neu angekommenen Expats?

Wenden Sie jedes ungarische Wort an, dass Sie kennen. Ungarn sind eher verschlossen, noch mehr als Deutsche. Doch die meisten Ungarn nehmen es – genauso wie die meisten Kulturen – äußerst positiv auf, wenn jemand ein paar Worte in ihrer schwierigen Sprache kann. Ein ungarisches Wort bringt ein Lächeln hervor und kann Türen öffnen.


Wie gut ist Ihr eigenes Ungarisch?

Wenn ich auf der Straße unterwegs bin, verständige ich mich meistens nur auf Ungarisch. Etwas einkaufen, nach einer Auskunft fragen, das geht alles. Doch mit meinen ungarischen Freunden rede ich immer noch auf Englisch oder Deutsch, da muss ich selbst nach zwei Jahren noch mehr dazulernen. Was mich allerdings am meisten wurmt, ist mein „r” – das kann ich immer noch nicht richtig ungarisch rollen.


Wie können Interessierte mit Ihnen Kontakt aufnehmen?

Sie können sich gerne mit mir persönlich in Kontakt setzen, indem sie mir eine Email schreiben. Meine Adresse lautet mvk@hungarianforexpats.com.

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