Über den Innenhof der Anlage gelangt man in den neu renovierten Eingangsbereich. Rucksäcke und Taschen kann man bequem in Schließfächer verstauen. Bereits auf dem Gang entdeckt man alte Schilder von Geschäften aus dem 19. Jahrhundert. Man wolle die Flächen an den Wänden nicht ungenutzt lassen, erklärt Péter Rostás.

Ein erster Höhepunkt des Rundgangs durch die Dauerausstellung ist eine Apotheke aus dem Biedermeier (1830er-Jahre). Die Kästen der Apotheke „Goldener Löwe“ seien originale Einrichtungsstücke einer Apotheke aus dem V. Budapester Bezirk und würden in ihrer Gesamtheit wie maßgefertigt in den dafür vorgesehenen Raum des alten Museumsgebäudes passen, so Rostás.

Bevor man die Treppen ins obere Stockwerk nimmt, kann man die 4,5 Meter große Standuhr des ehemaligen Ofener (Budaer) Rathauses bewundern. Diese wurde 1752 angefertigt und sei ein besonderes Beispiel der hiesigen Zunft.

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Ein besonderer Höhepunkt der Dauerausstellung ist diese Apotheke aus dem Biedermeier.


Im Treppenhaus befindet sich eine große Ansicht des alten Budapest. Mit Wehmut weist Rostás auf einen historischen Teil des ehemaligen Pest hin, der zugunsten der Elisabethbrücke und einer von dort nach Osten bis zum Keleti-Bahnhof führenden Straße, einfach abgerissen worden sei.


Ausstellungen im Kiscell-Museum

In der Dauerausstellung des Kiscell-Museums sind die Objekte nicht diachron, sondern nach ihrer Art gruppiert. So sind beispielsweise Uhren, Bilder, Tassen, Skizzen von Häusern, bildende Kunst, Strohbilder, Korkbilder oder das Silbergeschirr ordentlich beisammen ausgestellt.

Der zeitliche Rahmen der Dauerausstellung ist von circa 1780 bis 1940 festgelegt. In Ungarn, so der Direktor, sei nationale Geschichtsschreibung immer von größerer Bedeutung gewesen als Stadtgeschichte. Das Konzept der Ausstellung habe Rostás auf Grundlage von Inspirationen durch andere Museen im Jahr 2003 selbst entworfen. Durch die Objektgruppierungen sollte eine „reflexive Ausstellung“ entstehen.

Im Gang des ersten Obergeschosses befindet sich neben anderen Gemälden auch das „Kunstwerk des Monats“. Dieses wird von einem Mitarbeiter ausgewählt und auf einem Blatt Papier mit ikonographischer Beschreibung und Hinweis auf den historischen Kontext beworben.

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Viele Hintergrundinformationen erhält man bei einer Führung durch das Museum.


Neben der permanenten Ausstellung gibt es jährlich etwa fünf temporäre Ausstellungen. Zwei bis drei davon immer zur gleichen Zeit. Derzeit sind etwa Landschaftsbilder von 50 verschiedenen Künstlern der Gegenwart ausgestellt.


Geschichte des Museumsgebäudes

Das Gebäude, in dem sich das Museum heute befindet, wurde 1758 fertiggestellt. Es sei für den Trinitarierorden errichtet worden, so Rostás. Eine wichtige Aufgabe dieses Ordens war laut dem Kunsthistoriker die Rückführung von Soldaten, die von den Osmanen gefangen genommen worden waren. Nachdem Ungarn von diesen befreit wurde, sei diese Aufgabe jedoch allmählich überflüssig geworden. Unter Joseph II. wurde der Orden aufgelöst und das Militär zog in das Kloster ein. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts habe es als Kaserne und Militärdepot gedient.

1912 wurde das Gebäude von Max Schmidt, einem in der Habsburgermonarchie sehr einflussreichen Möbelfabrikanten und Inhaber der Wiener Einrichtungsfirma Friedrich Otto Schmidt, gekauft. Er wandelte das Kloster in ein Schloss um, und ließ es mit einfachen Mitteln wie Kunststeinelementen oder Blechdekorationen renovieren. Auch den Schlosspark ließ er neu gestalten.

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Diese Ansicht des Innenhofs stammt aus dem Jahre 1928. Zu jener Zeit war das Schloss noch im Besitz des Möbelfabrikanten Max Schmidt.


1935 erbte die Stadt Budapest testamentarisch das Anwesen und die darin befindliche Kunstsammlung. Der größte Teil der Kunstschätze wurde versteigert, so Rostás. Die eigene Sammlung der Stadt sei anschließend ins Schloss übersiedelt worden.

Wegen des Zweiten Weltkrieges wurde die erste Ausstellung erst im Jahre 1948 eröffnet. Die erste Dauerausstellung wiederum lockte Interessierte ab 1951 ins Museum. Dies markiere den Beginn der Kiscell-Museumsgeschichte, so Rostás. Es gebe zwei Bereiche im Gebäude: einen für neuzeitliche Stadtgeschichte und einen zweiten für bildende Kunst und Gegenwartskunst.

In den vergangenen Jahren entdeckten die Mitarbeiter des Museums einige architektonische Schätze, wie versteckte Türen zu bisher nicht zugänglichen Räumen, verborgene Wendeltreppen und eine besonders gut erhaltene Eisgrube im Keller des Gebäudes.

Der Keller, welcher sich etwa zehn Meter unter der Erde befindet und ungefähr 400 Quadratmeter Fläche ausmacht, war bis vor einigen Jahren offiziell noch als Bunker vorgesehen und damit nicht Teil des Museums, so Rostás. Heute sei dieser ein Teil der Ausstellungsfläche und beherberge zurzeit eine temporäre Ausstellung über Untergrund-Musik aus Zeiten des Kommunismus.


Pläne für die Zukunft

Péter Rostás erzählt, nicht ohne danach zu lachen, dass das Kiscell-Museum bereits einen „Fünf-Jahres-Plan“ für zukünftige Ausstellungen entwickelt habe. Wichtig sei ihm, die Situation der Depots zu verbessern. Es gebe viel zu wenige Lagerräume für all die museologischen Objekte. „Es ist eine tragische Situation“, so Rostás. „Daran muss man einiges verbessern.“

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Die riesige Halle der ehemaligen Kirche dient heute als großer Veranstaltungsraum.


Das Kiscell-Museum hat viele Druckerpressen in seinem Besitz. Diese Sammlung sei eine der größten und umfangreichsten ihrer Art. Bereits beim Betreten des Ausstellungsraumes mit den alten, schweren Gerätschaften, kann man den industriellen, eisernen Geruch, den diese verbreiten, wahrnehmen. In Zukunft, so Rostás, möchte das Kiscell-Museum diese auch wieder in Betrieb nehmen. Einerseits solle dies sehr interessant für Besucher sein, andererseits sei es für die Druckerpressen nicht gut nur herumzustehen.


Besondere Angebote

Das museumspädagogische Angebot funktioniere einwandfrei, so Rostás. Schulklassen würden hier ebenso zu Besuch kommen wie Rentner oder berufstätige Menschen. Neben kuratorischen Führungen werden mehrmals im Jahr besondere Veranstaltungen organisiert. Sehr erfolgreich sei die „Lange Nacht der Museen“, bei der das Kiscell-Museum schon einmal bis zu 5.000 Besucher verzeichnet habe. Auch am „Tag von Óbuda“ oder am „Tag der offenen Türen“ wird ein besonderes Programm geboten.

Ausgesprochen eindrucksvoll ist das alte Kirchengebäude, welches im Krieg fast zur Gänze zerstört wurde. Der Grundriss blieb erhalten und die 650 Quadratmeter große Grundfläche der direkt an das Schloss anschließenden Kirchenruine dient als Veranstaltungsraum für Konzerte und andere Events.

Führungen durch das Museum gibt es auf Ungarisch und Englisch. Auf speziellen Wunsch auch in deutscher Sprache.


Kiscell-Museum

Budapest, III. Bezirk, Kiscelli utca 108

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr (November bis März nur bis 16 Uhr)

Weitere Informationen finden Sie auf http://kiscellimuzeum.hu

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