Noch in der vergangenen Woche, nachdem Außenminister Péter Szijjártó in einer Presseaussendung erneut bekräftigt hatte, dass die ungarische Regierung die Bedingungen für eine Vertragsunterzeichnung als nicht gegeben ansieht, meldete sich CEU-Rektor Michael Ignatieff zu Wort.

Fadenscheinige Begründung

Die linksliberale Wochenzeitung hvg veröffentlichte die Replik des Rektors, in der er die Regierung scharf kritisiert: „Falls dies (Anm.: die Nichtunterzeichnung des Abkommens) die endgültige Entscheidung der Regierung sein sollte, ließe sie damit von ihr selbst erlassene Gesetze außer Acht. In dem vom Parlament verabschiedeten Gesetz heißt es klar und deutlich, dass darüber, ob ein ausländisches Bildungsinstitut im Ursprungsland tatsächlich Lehrveranstaltungen abhält, die entsprechenden Behörden im Ursprungsland zu urteilen haben“, so Ignatieff.

Obwohl der Lehrbetrieb seitens des Staates New York schon mehrfach bestätigt wurde, habe die ungarische Regierung dies ignoriert. Ignatieff formuliert in dem Schreiben ebenfalls: „Es ist unmöglich, dass Sie (Anm.: gemeint ist die ungarische Regierung) über diese offiziellen Briefe nicht Bescheid wussten. Es ist seit Monaten offiziell bekannt.“

Letztes Aufbäumen

Noch am vorvergangenen Samstagnachmittag versammelten sich rund 2.000 Demonstranten, die für den Fortbestand der CEU in Budapest demonstrierten, auf dem Kálvin tér, um von dort aus gemeinsam vors Parlament zu ziehen. Die Organisatoren der sogenannten „Demonstration für die Freiheit von Lehre und Wissenschaft“ formulierten dabei drei Hauptforderungen: Erstens solle die Regierung den CEU-Vertrag unterzeichnen. Zweitens sollten sämtliche Versuche der Einflussnahme und Zensur in der Hochschulbildung und Forschung seitens der Regierung unterlassen werden. Und drittens solle die Regierung qualitativ hochwertige, unabhängige und ausreichend finanzierte Lehr- und Forschungsmöglichkeiten sichern.

Einer der Redner vor dem Parlament war Miklós Gáspár Tamás. Der anerkannte ungarische Philosoph ist selbst Dozent an der betroffenen Universität und ließ daher keinen Zweifel daran, wie er zur Causa CEU steht: „Wir alle wissen, was in diesem Land läuft. (...) Wir demonstrieren dagegen, dass die CEU aus Ungarn vertrieben wird und sehen es als eine Schande für unsere Heimat an. Wir protestieren gegen die Einstellung der Gender Studies und gegen die Bespitzelung und öffentliche Zurschaustellung von unliebsamen Lehrern, sowie dagegen, dass die Ungarische Akademie der Wissenschaften unmöglich gemacht wird.“

Ágnes Kövér-Van Til, Leiterin des Lehrstuhls für Gender Studies an der Budapester Loránd-Eötvös-Universität, stellte ihren Worten die Offenbarung voran, dass sie noch nie eine politische Rede gehalten habe. Trotzdem sei sie nun hier, um den Anwesenden die Frage zu stellen: „Versteht Ihr, was gerade um uns herum geschieht?“

Die Dozentin mahnte, dass die Freiheit der Lehre und die CEU alle etwas angehe, denn „wenn wir jetzt nicht unsere Stimmen erheben, wird später niemand mehr da sein, der es sich traut.“

Aktuelle Entwicklung

Nach Verstreichen des von der CEU gesetzten Ultimatums gab die Universität am heutigen Montag in einer Presseaussendung bekannt, nun Konsequenzen ziehen zu wollen. Die Universität wird, so scheint es nun, sukzessive ihren Campus sowie ihren Forschungs- und Lehrbetrieb nach Wien verlagern. Ungarn gehen damit viele Forschungsgelder verloren, ebenso wie direkte Steuereinnahmen durch zahlreiche ausländische Studierende. Und auch Ungarns internationales akademisches Renommee wurde durch die Causa CEU erheblich beschädigt.

Nach Bekanntwerden der Entscheidung begrüßte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig die CEU in Österreichs Hauptstadt mit den Worten: „Die CEU hat sich ihre Entscheidung, Budapest zu verlassen, nicht leicht gemacht. Umso wichtiger ist es jetzt, dieser renommierten und gleichzeitig so sozial ausgerichteten Universität ein herzliches Willkommen zu bereiten." Ludwig betonte, dass man sowohl dem Lehrpersonal als auch den Studierenden einen guten Start am neuen Standort ermöglichen wolle.

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