In vielen Aspekten gefällt Junko Miyama das Leben in Budapest besser als das in Tokio. Tokio sei ihr zu überfüllt. „Da sind zu viele Menschen und zu viel Stress. Und die Luft ist nicht sauber“, erzählt die Japanerin. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt Junko schon seit fast zwei Jahren in der ungarischen Hauptstadt. „Hier ist die Luft sauber, das Essen gut und die Preise sind niedrig.“ Was sie am meisten genieße: „Man kann einfach in andere Länder mit dem Auto fahren.“ Das nutzt Junko aus: Dieses Jahr war sie schon in Spanien, Deutschland, der Slowakei, Rumänien und Slowenien.

Interkulturelle Verständigung durch das Essen

Abwechselnd spricht sie Englisch und in etwas gebrochenem, aber doch fließendem Deutsch – das habe sie sich vor allem während eines Studienaufenthalts in Leipzig angeeignet. Mit ihrem hellen Lachen und freundlichem Wesen wirkt die Japanerin ausgesprochen jugendlich, dabei ist sie bereits 40. Darin, dass ihr Aussehen dem Alter so deutlich hinterherhinkt, erfüllt sie wohl eines der asiatischen Klischees. 1978 in Yokohama geboren, studierte Junko in Tokio Kulturwissenschaften, arbeitete dann einige Jahre im Marketingbereich. Fünf Jahre lang war sie bei einer japanischen Cafékette angestellt, als sie und ihr Mann sich für den Umzug nach Ungarn entschieden.

Zu dem Zeitpunkt hatte ihr Mann, der ebenfalls aus Japan stammt, bereits fünf Jahre in Budapest gearbeitet. Kennengelernt hatten sie sich während eines Heimatbesuchs. Nach mehreren Jahren Fernbeziehung entschloss sich Junko zum Umzug nach Europa. Ob ihr die Entscheidung schwerfiel? Weniger, meint Junko. „Ich musste meine Arbeit kündigen, aber ich fand es wichtiger, mit meinem Mann zusammen zu leben.“

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In Budapest gab sie zunächst wie ihr Mann Japanisch-Unterricht am Budapester Matthias-Corvinus-Collegium. Seit er als Krankheitsvertretung bei einer anderen Stelle arbeitet, unterrichtet auch Junko nicht mehr, möchte das Unterrichten nächstes Jahr aber wieder aufnehmen. Sprachunterricht hat sie die letzten Monate selbst sehr viel genommen. Die letzten Wochen konzentrierte sie sich auf die Vorbereitung auf einen Ungarisch-Test. Bloß um der Qualifikation willen, wie sie erklärt.

Ansonsten gibt sie regelmäßige Kochkurse für japanische Küche. Als Weg der interkulturellen Verständigung, erklärt Junko. „Über japanisches Essen kann ich den Menschen die japanische Kultur nahebringen.“ Über das Essen schreibt sie auch auf ihrem Blog. Auf motomiyajun.eu stellt sie ungarische und andere europäische Restaurants vor. Noch braucht man zum Verstehen der Webseite Japanisch-Kenntnisse, sie plane aber, bald auch Artikel auf Englisch zu schreiben.

Japanisches Essen in Budapest

Was sie an Japan vermisse? „Besonders meine Großmutter“, sagt Junko, die könne wegen ihres hohen Alters nicht mehr so weit reisen und könne sie deshalb nicht besuchen. Der Rest der Familie und ihre Freunde kämen dagegen regelmäßig auf Besuch vorbei. Ansonsten hat sie sich hier sehr gut eingelebt. Rohen Fisch hätte sie anfangs vermisst, „aber dann haben wir einen Laden gefunden, in dem wir rohen Fisch bekommen. Ein weiteres gelöstes Problem“, sagt sie lachend.

Für den Einkauf japanischer Lebensmittel gehe sie gerne in den Ázsia-Laden (IX. Bezirk, Vámház körút 5, azsiabt.hu/elerhetoseg) oder ins Tokyo Plaza (II. Bezirk, Rózsadomb Center, Törökvész út 87-91, tokyoplaza.hu), sagt die 40-Jährige. Auch Sushi-Läden habe sie bereits einige gute entdeckt, die ihr das Heimweh nach Japan nehmen: Am liebsten gehe Junko ins Sushi-Sei (III. Bezirk, Bécsi út 85, sushisei.hu/en/), ihr Mann empfehle hingegen das Nobu (V. Bezirk, Erzsébet tér 7-8, www.noburestaurants.com) und das Bambuzliget (V. Bezirk, Belgrád rakpart 18, sushifutar.hu/bambuszliget-etterem).

Im Allgemeinen schätze Junko die hohe Qualität der Lebensmittel in Europa: „Hier bekommt man frisches Obst und Gemüse von ausgezeichneter Qualität.“ Die Regulierungen für Lebensmittel seien in Japan weniger strikt. Deshalb, und weil ihr Budapest so gut gefällt, kann sich Junko gut vorstellen, in Ungarn einmal ein Kind großzuziehen. Auch für den Fall, einmal einen Kinderwagen durch die Stadt schieben zu müssen, ziehe sie das Leben in Europa vor. „Züge in Tokio sind immer so überfüllt. Die Menschen sind dort so mit sich selbst beschäftigt, dass sie selbst einer Mutter mit Kinderwagen keinen Platz machen“, erinnert sie sich an ihre Beobachtungen in Japan. Vielleicht wird sie also noch lange hier in Budapest bleiben und von hier aus per Auto noch viele weitere Gegenden in Europa entdecken.

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