Von welchen Klubmitgliedern ist hier die Rede? Von der LMP, die sich einst ihren Namen (LMP steht für die Abkürzung von „Politik kann anders sein“, Anmerk. Red.) wählte, weil sie sich die Ablehnung der Zustände von vor 2010 geschworen hatte und dies fast ihre einzige politische Botschaft darstellte? Von der DK, die das Land verschuldet hat, also der die sozialistische Partei in tiefste Abgründe stoßende Sektengemeinschaft des gescheiterten DK-Chefs Ferenc Gyurcsány? Oder von der Jobbik, die mit ihrer faschistischen Rhetorik jahrelang den Linken und ihren liberalen Helfershelfern gegenüberstand?

Hódmezővásárhely bereut seine Entscheidung schon

Die taktische Erklärung ist nachvollziehbar, denn ein gewisser Péter Márki-Zay konnte die Hódmezővásárhelyer Bürgermeisterwahl gewinnen. Auch wenn der ihn halb offiziell unterstützende kleine Teil der Opposition sich im Laufe des Wahlkampfes im Hintergrund hielt, um keine potenziellen Wähler zu verschrecken, gaben sie sich nach der Wahl rasch zu erkennen. Das ist vergleichbar mit der Katze im Sack. Jetzt hat sie sich aufgerichtet, stellt Bedingungen und beschäftigt sich nicht mehr nur mit einem regionalen, sondern einem landesweiten Regierungswechsel. Währenddessen erklärt Gergely Karácsony, dass er nicht zur „Feierlichkeit“ der Opposition aus Anlass des 15. März komme, wenn Jobbik-Chef, Gábor Vona, nicht auch dort sein könne.

Darum geht es hier also wirklich. Die Bürger von Hódmezővásárhely haben in Wirklichkeit eine solche Ware gekauft. Vielleicht bereuen sie es schon. Bis zum Wahltag haben sich die jahrzehntelang vor Nazigefahren sträubenden, linken Parteien sicherlich noch nicht mit der Jobbik angefreundet, sie verweisen aber immer mehr darauf, dass sie sich für die langersehnte Macht die Nase zuhalten werden. Oder vielleicht nicht einmal das. Gyula Molnár erklärte diese geschmack- und prinzipienlose Aktion folgendermaßen: „Es gibt Dinge, die ich aussprechen muss und dann gibt es Situationen, in denen wir unsere Köpfe verschmitzt zur Seite neigen müssen und den Wählern sagen, na wenn sie das so sehen.“ Wir verstehen schon, auch wir drehen uns weg. Verschmitzt.

Es lohnt sich zu kämpfen

Es ist gar nicht mal so lange her, da wurde die Regierung schon für Weniger von der ungarischen und internationalen Presse ans Kreuz genagelt. Jetzt, nachdem die Jobbik ein paar Jahre lang Kreide gefressen hat, drehen die Sozialisten einfach ihren Kopf zur Seite und kommen damit durch. Was für moralische Höhen!

So sieht es also aus. Die auf einen Regierungswechsel hinarbeitende bunte Truppe ist von ideologischen und persönlichen Widersprüchen nur so durchsetzt. Wir wissen sogar schon, was auf einen Wahlsieg dieser gemischten Gesellschaft folgen würde. Hier hat uns ausgerechnet Gyurcsány weitergeholfen, um uns zu erklären, was wir mit Blick auf die neuen Spitzenkräfte ohnehin schon schlussfolgern können. Es würde ein großes Chaos ausbrechen und sich quälend lange hinziehende Koalitionsverhandlungen. Und am Ende ständen Neuwahlen. Für ihn wäre das ein Sieg – der Verlierer wäre erneut das Land.

Auch eine andere Konsequenz wäre klar. Sobald die zum Sprung bereite Brüsseler Armada mitbekommen würde, dass es keinen Wiederstand mehr gibt, würde sie dem Land sofort das Quotensystem aufzwingen. Kein Wunder, dass sie deswegen die Chancen der Opposition etwas verbessern, etwa durch den jüngsten Länderbericht zu Ungarn.

Aber das sind wir ja gewöhnt.

Es gibt einen Grund zu kämpfen.

Der hier wiedergegebene Kommentar erschien am 8. März auf dem Onlineportal der konservativen Tageszeitung Magyar Hírlap.

Aus dem Ungarischen von Marie-Christin Lück


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