Es gibt eine bewährte Methode: Wann immer der Fidesz an Zustimmung verliert, gibt er sofort das neue Codewort an seine Propagandisten aus, beziehungsweise lässt „durchsickern“ (sprich, er diktiert den Journalisten den abgestimmten Nachrichtentext), dass eine Konsolidierung kurz bevorsteht. So geschehen beispielsweise 2012, als die Unterstützung des Fidesz einbrach und die MSZP in den Umfragen, damals noch ohne jegliches Zusammengeschließe, zulegen konnte. Zuletzt lagen nur noch drei Prozent zwischen beiden Parteien! Und so ließ der Fidesz in den Medien verkünden: „Jetzt kommt der konstruktive, europäische und verbesserte Orbán.“ 2012 sollte das „Jahr der Orbán’schen Konsolidierung“ werden. Das Verhältnis zur Opposition wollte man glätten und aus dem brüllenden Schakal ein schnurrendes Kätzchen machen. Haben Sie solche Erinnerungen aus dieser Zeit? An einen europäischen Orbán? An einen menschlichen Fidesz? Wohl kaum!

Tibor Navracsics selbst, damals stellvertretender ungarischer Ministerpräsident, versprach wiederum im Folgejahr: O.k., 2013 wird das Jahr der Konsolidierung. Der Blitz soll mich treffen, aber auch das Jahr 2013 schien sich nicht wirklich um die Konsolidierung gedreht zu haben. 2014 ging Minister Navracsics schon nur noch so weit, zu sagen: Na gut, wir haben den Weg der Konsolidierung „betreten“. Gerne würde ich Tibor Navracsics heute fragen, wie es um die Konsolidierung steht, aber seitdem ist er abgetreten. Nun ist er weit entfernt, arbeitet und lebt an einem normalen europäischen Ort (Anm.: seit 2014 ist Navracsics EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport in Brüssel). Aber selbst 2014 haben die Parteispitzen immer wieder durchblicken lassen, dass der Fidesz sich nun wirklich und wahrhaftig konsolidieren wird. (...)

In Hódmezővásárhely hat die Regierung jetzt eine riesengroße, unerwartete Ohrfeige erhalten. Und was ist ihre erste Reaktion darauf? Lügen und „durchsickern“ lassen (nur damit wir das richtig verstehen, gemeint ist erneut: den vom Propagandaministerium vorgegebenen Text diktieren), dass die Konsolidierung kommt. Der Tenor lautet: O.k., wir haben Fehler gemacht, aber von nun an werden wir kon-„so was von“-solidiert sein, wirklich.

Glaubt ihnen das bloß nicht, Leute!

Zum einen ist es vollkommen klar, dass dies seit acht Jahren nur eine leere Worthülse, also ein Bluff ist. (...) Orbán hat sich seit jeher genau so weit konsolidiert: Nicht einen Zentimeter. Er sagt es nur. Und der Depp EU glaubt es ihm immer wieder ebenso wie ein Teil der ungarischen Öffentlichkeit.

Und das, obwohl sich der Fidesz vermutlich gar nicht mehr konsolidieren kann. Seit acht Jahren gibt es nur eine Richtung: immer brutaler, immer dümmer und immer extremer ist die Partei geworden. Glauben wir wirklich, dass ein Wechsel auch dann noch möglich ist, wenn sie offen behauptet, es sei die Hautfarbe und die (wahre oder oktroyierte) Religion, die die Qualität eines Menschen bestimmen? Existiert denn ein konsolidierter Standpunkt, der einem Zsolt Bayer Platz bietet, der die Gegner des Fidesz im Wald vergraben will und über, mit ihren Nasen ins Schwimmbecken schnaubende Juden polemisiert? (...) Mal ehrlich: Wie sieht ein konsolidierter Szilárd Németh aus? (...)

In einer Welt, in der Staatspräsident László Kövér mit jedem Schnauzerzucken gegen von György Soros finanzierte, homosexuelle Illuminati-Freimaurer-Schattenmächte und auf Europa losgelassene Millionen Islamisten kämpft, die von Merkel und Macron gemeinsam zur Vernichtung der europäischen Rasse hergeholt wurden (ja, der Fidesz politisiert mittlerweile auf Grundlage der RASSENLEHRE) – na hier würde ich gern die Chancen und die Kraft einer Konsolidierung sehen!

Lassen wir uns nicht von Blödsinn einlullen! Der Fidesz will, kann und wird sich nicht konsolidieren. Er kann sich nicht bessern, weil der Inhalt seiner Politik zu 100 Prozent und ausschließlich daraus besteht, zu spalten, was eine Konsolidierung (sprich eine friedliche und verantwortungsbewusste Regierung) ausschließt. Die Politik des Fidesz ist inhaltlich auf dem Niveau eines durchschnittlich frustrierten, unterdurchschnittlich gebildeten, dafür aber überdurchschnittlich betrunkenen Facebook-Kommentators. Wie soll man das konsolidieren?

Wissen Sie, wann sich der Fidesz konsolidieren wird? Wenn Orbán aus der Politik verschwindet.


Der hier in Auszügen wiedergegebene Kommentar erschien am 2. März auf dem Onlineportal der linksliberalen Wochenzeitung hvg.

Aus dem Ungarischen von Elisabeth Katalin Grabow.

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