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Gergő Sáling, András Pethő und ich verließen im Sommer 2014 das Nachrichtenportal Origo. Gemeinsam wollten wir ein Investigativzentrum gründen, die Grundlagen dafür legten wir bis zum Herbst desselben Jahres. Wir wussten, wir wollen Anfang 2015 online gehen, waren uns zunächst aber nicht darüber im Klaren, mit welchen Themen. Schon damals wussten wir, die wichtigste Aufgabe des investigativen Journalismus ist es, die Machthaber zu kontrollieren und davor zu warnen, wenn sie ihre Macht missbrauchen. Wir wollten uns daher von Anfang an mit den größten politischen Spielern auseinandersetzen. Schon damals zeigte sich, obwohl Premier Viktor Orbán die EU ständig angreift, profitieren die ihm nahestehenden Menschen deutlich von den EU-Subventionen. Das waren zu der Zeit noch Lajos Simicska und István Garancsi, die seine guten Freunde waren. Damals begann auch der Aufstieg von Lőrinc Mészáros. Uns kam dann die Idee, einen genaueren Blick auf Orbáns Schwiegersohn, István Tiborcz, und seine Geschäfte zu werfen.


Und worauf sind Sie gestoßen?

András Pethő hatte bereits 2011 einen großen Artikel über die Elios Innovatív Zrt. veröffentlicht. Damals war es nur ein Apropos, weil sich Pethő viel mit der Firma Simicskas, der Közgép, beschäftigte und in diesem Zusammenhang auf die Elios Innovatív Zrt. aufmerksam wurde, die von auffällig jungen Leuten geleitet wurde. Wir fragten uns natürlich, warum gerade sie und warum ist diese Firma gerade im Energiesektor tätig. Im November 2014 beschlossen wir, dass dies das Thema unseres ersten Artikels werden soll. Im Dezember veröffentlichte Ráhel Orbán dann auch ihren berühmten Facebook-Post, in dem sie und ihr Mann, István Tiborcz, behaupteten, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Daraufhin wurde das Thema von der gesamten Presse aufgegriffen, weshalb wir beschlossen, unseren Artikel ein wenig aufzuschieben. Mehrere Zeitungen veröffentlichten in der Zwischenzeit Artikel, in denen aufgedeckt wurde, dass Tiborcz bei öffentlichen Ausschreibungen in der Vergangenheit auffällig viel Glück gehabt hatte. Obwohl damals viel darüber geschrieben wurde, hatten wir doch das Gefühl, dass zahlreiche Fragen noch unbeantwortet geblieben waren. Beispielsweise, ob sich eine eindeutige Verbindung zwischen den Ausschreibungserfolgen der Firma und der familiären Nähe zum Ministerpräsidenten aufzeigen lässt.


Wie gingen Sie an die Recherche heran?

Zuallererst versuchte ich, mit Leuten in Kontakt zu treten, die über mehr Wissen im Bereich Straßenbeleuchtung verfügen. Ich wollte verstehen, was geschehen war und auf welchem Weg sich die Elios Innovatív Zrt. möglicherweise einen Vorteil verschafft haben könnte. Unter teils abenteuerlichen Umständen fand ich dann auch jemanden, der bereit war, mir Informationen zu geben. Er erklärte mir konkret, wonach ich suchen müsste und verriet mir – was ich später auch von anderen Stellen bestätigt bekommen habe –, dass es oftmals nur die Elios war, die den Ausschreibungskriterien entsprach, und dass deswegen niemand anderes teilnahm.


Warum war es so schwer, Leute zu finden, die Ihnen Auskunft geben konnten?

Aufträge im Bereich Straßenbeleuchtung sind meist öffentlich-rechtliche Ausschreibungen. Die Firmen hatten Angst, dass sie, wenn sie mir mit Informationen helfen, in Zukunft keine Aufträge mehr erhalten würden.


Was war es, wonach Sie schließlich gesucht haben?

Ich habe geschaut, wie eng die Kriterien für bestimmte Lampen gefasst waren – ob beispielsweise überhaupt nur ein Typ Laterne infrage kam – oder welche Voraussetzungen für die Teilnahme an den Ausschreibungen festgelegt wurden. Ohne Hinweise aus Fachkreisen wäre mir die Bedeutung dessen nicht klar gewesen. So wurde jedoch schnell offensichtlich, wonach ich eigentlich suche: Beispielsweise listeten alle Ausschreibungen auf, welche Referenzen für einen Auftrag gefordert waren. Da war es einfach zu überprüfen, wer diese vorweisen kann, wer nicht und welche Ausschreibungen es früher gab, bei denen man diese Referenzen überhaupt hätte erhalten können.


Was war das Auffälligste, worauf Sie gestoßen sind?

Zum einen darauf, dass schon die Ausschreibungen selbst so verfasst wurden, dass die Elios im Vorteil ist. Aber im Rahmen der Recherche habe ich außerdem herausgefunden, dass auch der ganze Vorgang der Abrufung von EU-Subventionen für die Erneuerung von Straßenbeleuchtungen von Anfang an auf die Elios zugeschnitten war.


Es war also nicht etwa eine günstige Gelegenheit oder der Geschäftssinn von István Tiborcz, die ihm so viel Erfolg einbrachten, sondern eine geplante Sache?

Ja, das zeigte sich von Anfang an. Ich konnte beweisen, dass die Ausschreibungen auf Elios zugeschnitten worden waren.


Wie das?

Die Elios war 2009 eine überraschende Neugründung. Damals war István Tiborcz 23 Jahre alt. Er hatte keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich. Später sagte er stets, er sei nun mal Geschäftsmann und habe die Möglichkeit auf dem Markt erkannt. Auffällig war, dass die Firma speziell an Projekten mit EU-Finanzierung teilnahm.

Das erste Projekt war jenes in Hódmezővásárhely, welches gemeinsam mit dem heutigen Kanzleramtschef János Lázár verwirklicht wurde. Dieses Projekt war groß genug, um bei späteren Ausschreibungen möglichst rigide Voraussetzungen aufzustellen, die es Mitbewerbern unmöglich machten, daran teilzunehmen. Hódmezővásárhely war gleichzeitig auch das erste Projekt der Elios überhaupt und auch das erste Mal, dass in Ungarn die neue LED-Technologie bei Straßenbeleuchtungen zum Einsatz kam.


Ein Vorwurf, der immer wieder auftaucht, ist, dass die Elios die Kosten unnötig in die Höhe getrieben habe. Was sagen Sie dazu?

Das Problem ist, dass es im europäischen Raum kaum Vergleichsmöglichkeiten gibt und ich hier daher keine wirklichen Erkenntnisse gewinnen konnte. Erst recht nicht in Ungarn, wo alle größeren Ausschreibungen durch die Elios ausgeführt wurden. Es wäre sinnlos gewesen, die Großprojekte der Elios mit kleineren Projekten zu vergleichen, da dies kein realistisches Bild ergeben hätte. Miniprojekte, bei denen vielleicht sogar nur einzelne Straßenzüge betroffen waren, sind nicht mit der Erneuerung von Straßenbeleuchtungen in ganz Hódmezővásárhely oder Szekszárd zu vergleichen. Es gab nicht einmal andere Kostenvoranschläge.

Später habe ich allerdings Beweise dafür gefunden, dass man bei den Kostenvoranschlägen ebenfalls sehr kreativ war. Teilweise kostete eine Laterne in einer Ortschaft mehrere Hunderttausend Forint mehr als anderswo, obwohl es sich um dieselbe Firma und dieselbe Laterne handelte. Das zeigte mir, dass es bereits bei den Ausschreibungen das Ziel der Städte war, für die Investitionen so viel EU-Geld wie möglich abzurufen. Dieses Vorgehen spielte natürlich Elios in die Hände, weil die Firma auf diese Weise ihre Aufträge teurer erledigen konnte.

Alles in allem fand der Siegeszug der Elios in zwei Ausschreibungsetappen statt, einmal 2012 und dann 2014. In der zweiten Runde war deutlich zu sehen, dass man aus den ersten Erfahrungen gelernt hatte. So wurden Ausschreibungen in der zweiten Etappe wesentlich schneller abgewickelt. Die Kommunen mussten nicht einmal mehr einen Eigenanteil stemmen. Die Erneuerungsarbeiten wurden zu 100 Prozent aus Fördermitteln gedeckt.


Wie sehr ist dies Teil der Ausschreibungskultur in Ungarn?

Ich kann nur vermuten, dass dies auch in vielen anderen Bereichen vorkommt, wobei ich mich in keinen anderen Bereich so hineingearbeitet habe, wie in diesen. Um die Zusammenhänge zu erkennen, habe ich mehrere Tausend Ausschreibungen durchgearbeitet und verglichen. So kann ich jetzt mit Gewissheit sagen, dass in diesem Fall Korruption im Spiel war – zu diesem Schluss gelangte nun ja auch die europäische Anti-Korruptionsbehörde OLAF.

Ich halte es aber für wahrscheinlich, dass auch in vielen anderen Fällen darauf abgezielt wird, so viel Geld wie möglich von der EU abzurufen und dem dann irgendwelche Kosten gegenüberzustellen.


Wie sehr stützt sich der OLAF-Report auf Ihre Arbeit?

Die Kollegen von 24.hu, die den Bericht haben, sagen, dass meine Artikel nicht direkt erwähnt würden. Doch als die OLAF ihre Ermittlungen aufnahm, waren meine Artikel bereits veröffentlicht und ich weiß von mehreren Fällen, in denen der OLAF meine Artikel sogar zugeschickt wurden, um als Anhaltspunkt beziehungsweise als Grundlage für eine Anzeige zu dienen.


Welche Konsequenzen stehen Ungarn nun ins Haus?

Die OLAF kann zum einen die Empfehlung aussprechen, dass die nationalen Ermittlungsbehörden die Arbeit aufnehmen sollten. Weiterhin kann sie eine Empfehlung an die EU geben, die Fördergelder zurückzufordern. Darüber muss die EU-Kommission aber erst noch entscheiden. Von János Lázár weiß ich allerdings, dass bisher bei der Regierung keinerlei offizielle Schreiben von der Kommission eingegangen sind. Die Kommission ist noch dabei, ihren Standpunkt auszuarbeiten, aber im Fall des Korruptionsskandals im Zusammenhang mit dem Bau der Metrolinie 4 [dessen Wurzeln in der Zeit der sozialistischen Vorgängerregierungen liegen, Red.] nahm die Kommission beispielsweise den Ratschlag der OLAF an, und forderte die Mittel zurück.


Wie wahrscheinlich ist es, dass die ungarische Staatsanwaltschaft mit Péter Polt an der Spitze tatsächlich die Ermittlungen im Falle Elios aufnimmt?

Ich kann nicht einschätzen, was die Staatsanwaltschaft tun wird. Aber ich denke, selbst wenn sie etwas tut, sind die Erwartungen, was daraus werden kann, vollkommen überzogen. Sollte wirklich jemand zur Verantwortung gezogen werden, dann wird das der frühere Geschäftsführer sein, vielleicht sogar die Leiter der involvierten Beratungsfirmen, aber keinesfalls die Inhaber der Elios, sprich István Tiborcz und Co.


Gab es jemals Ärger im Zusammenhang mit Ihren Veröffentlichungen?

Ich wurde nie für einen meiner Artikel angezeigt. Ich habe mich immer bemüht, der Elios die Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Außerdem habe ich nie das veröffentlicht, was meine Quellen mir gesagt haben, sondern nur das, was ich anhand von Dokumenten belegen konnte. Alles, was ich veröffentliche, kann ich auch beweisen.


Wie bewerten Sie die Tragweite der Angelegenheit?

Ich denke, die politische Tragweite ist auf alle Fälle bedeutender als die Frage, ob irgendwann einmal ein strafrechtliches Verfahren daraus wird. Wenn es stimmt, was die OLAF und ich aufgedeckt haben, dann wurde das System nicht deswegen so ausgebaut, um den Beratungsfirmen einen Gefallen zu tun, sondern um denjenigen in die Hand zu spielen, die Nutzen aus der Elios ziehen. Und das war einstmals Lajos Simicska und im weiteren Verlauf eben István Tiborcz. Beide sind mit Viktor Orbán in Verbindung zu bringen.


Die ungarische Gesellschaft scheint heute kaum mehr Interesse an Korruptionsaufdeckungen zu zeigen. Wie verhält es sich in diesem Fall?

Derzeit scheint es so, als ob dieser Fall die Wahrnehmungsgrenze überschritten habe. Seit zwei Wochen ist das Thema in den Medien. Als ich meine Artikel vor zwei Jahren veröffentlichte, gab es auch Aufmerksamkeit, aber nicht so viel wie jetzt.


Spielen die kommenden Wahlen eine Rolle?

Vermutlich. Die Opposition greift das Thema heute viel engagierter auf als damals. Ich glaube aber nicht, dass die OLAF den Bericht genau deswegen jetzt fertiggestellt hat, um auf die ungarischen Wahlen Einfluss zu nehmen – auch wenn die ungarische Regierung uns das Glauben machen will. Die Sache hat jetzt einfach eine andere Wirkung als damals, weil es nun eine europäische Ermittlungsbehörde ist, die konkret sagt, dass hier der Verdacht einer Straftat besteht. Außerdem hat die OLAF viel weitreichendere Befugnisse als ich. Sie hatte Zugang zu Material, das mir versperrt blieb, und kann anhand dieser Dokumente viel schärfere Vorwürfe erheben. Die OLAF-Mitarbeiter hatten Zugang zu E-Mails und Originaldateien, aus denen sich beispielsweise ablesen lässt, dass die Mitarbeiter von Elios bereits bei der Vorbereitung der Ausschreibungen ihre Hände im Spiel hatten.

Allerdings muss ich sagen, dass in vielen anderen Ländern die Enthüllungen, die ich gemacht habe, ausgereicht hätten, um politische Konsequenzen zu provozieren oder zumindest dazu geführt hätten, dass die Staatsanwaltschaft aktiv wird.


Wird der OLAF-Bericht Einfluss auf die Wahlen am 8. April haben?

Nein, das glaube ich nicht. Die Wahl hängt von mehr ab als nur von einem Korruptionsskandal. Anderswo hätte so eine Enthüllung vielleicht politische Sprengkraft, aber nicht bei uns. Wirklichen Einfluss wird die Causa Elios bei uns wohl nicht haben.


Wie wird es mit der Causa Elios weitergehen?

Ich habe János Lázár bei der vergangenen Regierungspressekonferenz gefragt, ob er sich politisch verantwortlich fühlt, immerhin hätte das Kanzleramt die Ausschreibungen überprüfen müssen und hätte dabei erkennen können, dass sie nicht den geltenden Gesetzen entsprechen. Er antwortete daraufhin, dass wir darüber reden können, sobald die Kommission Stellung bezogen hat. Es ist offensichtlich, dass man versucht, das ganze Thema auf die Zeit nach den Wahlen zu verschieben, falls überhaupt etwas daraus wird.

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