Der Generaldirektor der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn und Ungarns Parlaments-Vize, Gergely Gulyás, betonte in seiner Eröffnungsansprache, dass die deutsch-ungarische Freundschaft das solide Fundament sei, auf dem die guten Wirtschaftsbeziehungen beider Länder gedeihen würden. Trotz aller Meinungsunterschiede der vergangenen Zeit sei die Wirtschaft der Bereich, der die Erfolge der bilateralen Beziehungen deutlich zeige. Hier sprechen die Zahlen für sich und „über Zahlen lässt sich nicht streiten“, so Gulyás. Der wirtschaftliche Aufschwung in Ungarn sei ein gemeinsamer, „deutsch-ungarischer Erfolg“, betonte er. Der ungarischen Regierung sei wichtig, dass sich auch die Energiepolitik Ungarns in den nächsten Jahren stabil entwickle. Der Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, Frank Spengler, hob die gute Stimmung unter den deutschen Investoren hervor und zitierte dazu einige Artikel aus deutschen Zeitungen der letzten Zeit. Er regte die Anwesenden dazu an, Kritik ebenso wenig zu scheuen wie die Besinnung auf die solide und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Deutschland. So sei Kritik unter Freunden sehr wichtig, und „Gegensätze können überwunden werden, wenn das Gemeinsame hervorgehoben wird“, so Spengler. Ganz wichtig sei, dass man permanent im Dialog bleibe und das Gespräch suche. In diesem Sinne sei auch die aktuelle Veranstaltung zu verstehen.

Präsident Donald Trump: Gefahr oder Chance?

Bevor Moderator und BZ-Chefredakteur, Jan Mainka, zu den eigentlichen Themen des Abends kam, zollte er zunächst den, auch für Europa wichtigen US-Wahlen Tribut und befragte die Teilnehmer danach, ob sie die Präsidentschaft Trumps eher als Chance oder als Gefahr sehen würden. Der Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Energiepolitik, Thomas Bareiß, plädierte angesichts der negativen Reaktionen in den deutschen Medien und auch in den Reihen von Parteikollegen dafür, erst einmal in Ruhe abzuwarten. Für ihn stehe jedoch schon jetzt fest, dass Donald Trump die EU mehr fordern werde als bislang gewohnt. Auf jeden Fall sei Trump ein Geschäftsmann, der eher rational vorgehen werde. Auch János Fónagy, parlamentarischer Staatssekretär im Entwicklungsministerium, halte die Ängste vor der kommenden Präsidentschaft Trumps für überzogen. Er betonte aus Sicht der Regierung, dass man hierzulande offene Worte schätze und der „political correctness“ schon lange überdrüssig sei. „Endlich sagt mal jemand, was er denkt“, so Fónagy. Trumps Temperament sei zwar noch gewöhnungsbedürftig, aber damit treffe er auf offene Ohren.

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Deutsch-ungarische Verständigungsversuche: BZ-Chefredakteur Jan Mainka, DWC-Präsident Dr. Arne Gobert, DUIHK-Präsident Dale A. Martin, CDU-Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß und Staatssekretär János Fónagy.

Dass Trump im Wahlkampf durchaus mit harten Bandagen gekämpft hat, dem schloss sich auch Dr. Arne Gobert, Präsident des Deutschen Wirtschaftsclubs Ungarn, an. Dennoch sprach er sich ausdrücklich gegen Vorverurteilungen aus und merkte an, dass Trump bereits unmittelbar nach seinem Wahlsieg mildere Töne angeschlagen habe. Er gab zu bedenken, dass dem Schauspieler Ronald Reagan nach dessen Wahl ebenfalls ein starkes Misstrauen entgegengeschlagen war, er schließlich aber dennoch als einer der besten amerikanischen Präsidenten in die Geschichte eingegangen sei. Nach Einschätzung von Dale A. Martin, Präsident des Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer, werden sich die USA von nun an, mehr auf sich selbst konzentrieren. Die moralische und wirtschaftliche Dominanz Amerikas werde zurückgehen. Stattdessen werden innenpolitische Themen stärker in den Fokus der neuen US-Regierung rücken.

Forcierte Lohnentwicklung

Hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit Ungarns erwähnte der Moderator, dass es immer mehr Anzeichen dafür gebe, dass die ungarische Regierung eine Dynamisierung der Lohnentwicklung forciere und wollte von den Anwesenden wissen, was sie davon halten würden. Fónagy betonte, dass es Aufgabe des Staates sei dafür zu sorgen, dass sich Arbeitsleistung und Arbeitslohn deckten. „Mit unterbezahlten Mitarbeitern kann man nicht wettbewerbsfähig sein“, so der Staatssekretär. Seiner Auffassung nach, könne es nicht angehen, dass man von Seiten ausländischer Unternehmen in Ungarn, massenhaft Mitarbeiter abwirbt und sie anschließend schlecht bezahlt. Auf diese Weise seien „viele Unternehmen mit billigen Fachkräften reich geworden.“ Nach Meinung von Dr. Gobert sei die jetzt angekündigte deutliche Erhöhung des Mindestlohns ein „Schritt in die richtige Richtung“.

Kern-, Solar- oder Windenergie?

Über den zweiten Schwerpunkt der Diskussion, die Energiepolitik, wurde im Anschluss kontrovers diskutiert. Dabei gaben sich Befürworter zum Teil größte Mühe, den jeweiligen, von ihrem Land präferierten Energiemix mit rationalen Argumenten zu begründen und offensichtliche politische Motive in ihren Antworten auszuklammern. So finde der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß einen Energiemix ohne Kernkraft aus verschiedenen Aspekten heraus vernünftig und nachhaltig darstellbar, während Fónagy felsenfest der Meinung ist, das Ungarn auf die Kernenergie nicht verzichten könne. Eventuelle Bedenken wischte er vom Tisch, auch U-Boote würde man trotz durchaus vorgekommener U-Boot-Unglücke nicht abschaffen. Bei regenerativen Energien setze Ungarn voll auf Solarenergie. Trotz mehrfacher Nachfrage blieb er die Antwort schuldig, warum die Nutzung von Windenergie in Ungarn in letzter Zeit ins Hintertreffen geraten sei. Angeblich sei es mit der Windenergie schwierig, da es „in Ungarn nicht genug Wind gibt“, so Fónagy. Aus Sicht eines Unternehmens, das technische Lösungen für die Energiepolitik anbietet, sprach sich wiederum Kammerpräsident Dale A. Martin, der zugleich CEO der Siemens Zrt. ist, für Gaskraftwerke aus. Diese würden eine sichere und stabile Versorgung bieten. Bezüglich der Kernenergie wies er darauf hin, dass in Österreich keine Kernenergie verwendet werde und die Energieversorgung dennoch gewährleistet sei. Angesprochen auf im ungarischen Stromnetz vorkommende Spannungsschwankungen, die für die Industrie teilweise zum Problem werden, gab sich der Staatssekretär überrascht. Ein anderer Mitdiskutant kannte den vom Moderator erwähnten Fall, hielt ihn aber für einen Einzelfall, gegen den es technische Lösungen gebe.

Dialog gegen Vorurteile

Als letzten Themenschwerpunkt stellte der Moderator das noch immer ramponierte Ungarn-Bild in Deutschland zur Diskussion. Wenngleich in vielen Negativartikeln über Ungarn immer auch mindestens ein Körnchen Wahrheit stecken würde, sei nicht zu verkennen, dass die Mehrzahl der Medien in Deutschland in Bezug auf Ungarn sehr selektiv und tendenziös berichte. Auf die Frage danach, was man in dieser Situation machen könne, gaben sich die Diskutanten teilweise recht ratlos. Einer von ihnen wies immerhin auf die für Ungarn positive Tatsache hin, dass sich die deutschen Medien in nächster Zeit vor allem am „Prügelknaben“ Trump abarbeiten werden, was Ungarn und seiner Regierung eine gewisse Atempause verschaffen könnte. Generell und hier wurde wieder ein Thema der Eröffnungsansprache aufgegriffen, zeigte man sich aber darin einig, dass ein permanenter Dialog und regelmäßige Besuche eine wichtige Voraussetzung für ein besseres gegenseitiges Verständnis seien.

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