Was sind die Ansprüche junger Arbeitnehmer heute?

Die Ansprüche unterscheiden sich nicht sonderlich stark zwischen Universitätsabsolventen und gelernten Fachkräften. Was sich überall deutlich abzeichnet, ist der akute Fachkräftemangel. Seit einigen Jahren sind die Zahl der Absolventen in der Fachausbildung und auch die Qualität der Fachausbildung ein stetiges Thema. Aber dies gilt genauso für Universitätsabsolventen, insofern ist es heute interessanter denn je, was der Arbeitgeber auf seiner Seite zu bieten hat.

Gibt es heute genug Ingenieursabsolventen oder bedeutet die Abwanderung das größere Problem?

Ich denke, beide Tendenzen stimmen. Einerseits gibt es Fachgebiete, in denen der Arbeitskräftemangel stärker zu Tage tritt, beispielsweise weil über Jahre hinweg eben nicht dieses Fach unter den beliebtesten Studienfächern war. Lange waren Jura und BWL sowie VWL sehr beliebt, Ingenieursfächer blieben dahinter zurück. In den vergangenen Jahren hat sich dieser Trend bereits positiv geändert, die Nachfrage an Ingenieuren hat aber auch zugenommen.

Auf der anderen Seite stimmt aber auch, dass gerade im Ingenieurs- und Informatikbereich die Sogkraft des ausländischen Arbeitsmarktes ungleich stärker ist. Die Absolventen dieser Fächer sprechen zumeist recht gut oder akzeptabel englisch und sind deswegen auch für den internationalen Arbeitsmarkt attraktiv.

Ist denn die Ausbildung in diesen Fächern im europäischen Vergleich gut?

Unseren Erfahrungen nach ja. Ungarische Ingenieursdiplome sind im Ausland beliebt.

Wie stark ist die Tendenz unter jungen Erwachsenen, ins Ausland zu gehen, um zu arbeiten?

Auf der einen Seite ist es sehr interessant, dass es zwar im Bewusstsein vieler Menschen unheimlich verankert ist, dass die Möglichkeit der Jobsuche im Ausland existiert. Aber in der vergangenen Zeit war das Ergebnis von zahlreichen Untersuchungen, in denen junge Arbeitnehmer befragt wurden, dass die Möglichkeiten im Ausland natürlich sehr beliebt sind, aber keineswegs mit solch einer überragenden Mehrheit wie man es vielleicht erwarten würde. Auch sehen junge Arbeitnehmer dies keineswegs als ihre einzige Alternative.

Es gibt junge Ungarn, die nicht zwingend ins Ausland wollen, sofern die Arbeitsmöglichkeiten hier ihren Vorstellungen entsprechen.

Deswegen sind gerade die Arbeitgeber, die zwar eine Beschäftigung vor Ort, aber doch mit internationalem Bezug anbieten können, so auch hier in Ungarn momentan im Vorteil. Beispielsweise wenn wir an einen internationalen Mutterkonzern denken, dessen internationales Projektmanagement teilweise hier in Ungarn abgewickelt wird – das kann für junge Arbeitnehmern sehr interessant und spannend sein.

Wie sieht es generell mit der Fachausbildung aus?

Wichtig sind die Verflechtungen von theoretischer und praktischer Ausbildung. Das deutsche Azubi-Programm ist da ein hervorragendes Beispiel. Dafür gibt es auch in Ungarn bereits schöne Beispiele. Hier werden theoretische Kenntnisse direkt in die Praxis umgesetzt und junge Auszubildende mit wettbewerbsfähigen Kenntnissen ausgerüstet. Neben dem Mangel an Fachwissen ist es derzeit in Ungarn aber vor allem das Erlernen von Strukturen, die den Arbeitgebern Sorgen bereiten. Also etwa das pünktliche Erscheinen oder das selbstständige Arbeiten. Das hängt natürlich auch mit der Erziehung durch die Eltern zusammen und der Erziehungsfunktion der Schule, aber auch der Lehrbetrieb hat eine erzieherische Funktion.

Wir haben bisher nur über junge Arbeitnehmer gesprochen, aber wie sieht es innerhalb des Unternehmens OBO Bettermann, wo Sie als HR-Leiterin tätig sind, mit der Altersstruktur aus?

Ich denke, wir haben hier im Unternehmen eine gesunde Mischung. Natürlich unterscheidet sich das von Arbeitsbereich zu Arbeitsbereich, wir achten aber sehr auf die Nachwuchsförderung. Neben erfahrenen, älteren Mitarbeitern sind auch junge und Mitarbeiter mittleren Alters beschäftigt. Praktikumsplätze, Karriereplanung und Kompetenzentwicklung werden bei uns groß geschrieben. Unser Trainee-Programm bietet beispielsweise für frische Absolventen die Möglichkeit, sich zu orientieren und auf eine verantwortungsvolle Position vorzubereiten.

Ihr Unternehmen beginnt also bereits in der Mittelschule nach späteren Fachkräften zu suchen?

Ja, wir haben auch Mitarbeiter, die ihr Pflichtpraktikum bei uns absolviert haben und dann als feste Mitarbeiter bei uns geblieben sind. Das haben wir sowohl auf Azubi-Ebene, als auch auf der Ebene der nicht-physischen, sprich der geistigen Arbeit. Warum auch nicht, wenn dem Arbeitnehmer das Umfeld und der Arbeitskreis zusagen und wir als Arbeitgeber zufrieden mit ihm sind.

Wie wichtig sind hausinterne Fortbildungen?

Sehr wichtig! Gerade die Generation der jetzt frischen Absolventen ist enorm interessiert daran, welche Fortbildungs- und Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung ein Unternehmen für sie bereithält. Schon bei der Arbeitsplatzwahl spielt dies eine entscheidende Rolle.

Junge Arbeitnehmer fragen also sofort nach Möglichkeiten zum Weiterlernen?

Zum Glück kommt es oft vor. Aber das ist auch ganz natürlich, wer sein Fach liebt und mit Leidenschaft dabei ist, der wird sich immer weiterbilden wollen. Jeder Fachbereich verändert sich stetig, deswegen ist es schlicht notwendig, dass auch Absolventen nicht nach Erlangen des Diploms stehen bleiben und auf ihrem Wissensstand verharren.

Wie wichtig sind die Vereinbarkeit von Beruf und Familie heutzutage?

Das ist unerlässlich. Bei uns, bei OBO Bettermann ist es nicht gewollt, dass ein Mitarbeiter das Gelände am Nachmittag verlässt und dann zuhause noch bis in die Nacht hinein arbeitet. Wir achten auch sehr darauf, dass Urlaubstage auch wirklich genommen werden und unsere Arbeitnehmer ihre Work-Life-Balance in Ordnung halten. Hier auf dem Gelände wird gearbeitet, keine Frage, aber Freizeit ist eben Freizeit. Gute Ideen brauchen Flexibilität und Sicherheit. Deshalb bietet OBO viele Möglichkeiten für eine ausgeglichene Work-Life-Balance.

Und wie sieht es mit der Familienplanung für junge Arbeitnehmer aus?

Wir freuen uns über jedes OBO-Baby (lacht). Es ist keine Seltenheit, dass Mütter aus dem Mutterschutz auch mit flexiblen Arbeitszeiten wieder zu uns zurückkehren. Wir sind, soweit dies ein Arbeitsfeld erlaubt, flexibel, denn Familie und Kinder sind einfach Teil des Lebens und das wissen wir.

Welche Argumente spielen bei der Berufswahl für Arbeitnehmer die wichtigsten Rollen?

Geld ist heute keineswegs mehr das alleinige Argument. Zwar ist es dominierend, aber es gibt zahlreiche weitere Faktoren, welche die Wahl beeinflussen. Selbst in der niedrigsten Gehaltskategorie gibt es Möglichkeiten abzuwägen, ob ein Arbeitsplatz attraktiv ist, oder nicht. Natürlich, je geringer die Bezahlung, desto geringer der Spielraum. Die Anforderungen der Arbeitnehmer haben sich einfach verändert. Beispielsweise ist Kontinuität ein großes Thema. OBO Bettermann ist seit mehr als 20 Jahren in Ungarn aktiv, das gibt einfach Sicherheit.

Mitarbeiter bei OBO Bettermann zu sein, bedeutet, Mitglied eines starken Teams zu sein. Wertschätzung für die eigenen Leistungen und für die Arbeit unserer Kollegen gehören zu unserer Unternehmenskultur. Wir denken nicht nur in Technik und Zahlen. OBO ist für seine Mitarbeiter da. Damit sich jeder Mensch bei uns wohl fühlt, stehen Themen wie Gesundheit, Weiterbildungsmöglichkeiten, Engagement, Zusammenhalt und Flexibilität im Fokus.


In einem früheren Artikel mit Frau Annamária Bagó kam es zu Ungenauigkeiten den Textinhalt und ihre derzeitige Beschäftigung betreffend. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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