Der Fiatal Képzőművészek Stúdiója Egyesület, kurz FKSE, ist ein Verein, der sich mittlerweile seit fünf Jahrzehnten der Förderung des künstlerischen Nachwuchses in der ungarischen Hauptstadt widmet. „Unser Ziel ist es, die junge Künstlergeneration zusammenzubringen und zu vertreten. Dabei wollen wir vor allem für bildende Künstler nach Beendigung der Universität eine Plattform und eine Gemeinschaft sein”, verrät Bea Istvánkó Programmdirektorin des FKSE und eine von zwei fest angestellten Mitarbeitern, die sich der Verein leistet.

Wie weiter nach der Uni?

Künstler zu sein, ist nicht unbedingt ein klassischer Karriereweg, weiß die studierte Kunsthistorikerin, nach der Universität haben die jungen Kreativen nur selten einen festen Job. Wer Glück hat, findet frühzeitig einen Galeristen, der ihn oder sie vertritt, Öffentlichkeit verschafft und sie in Ausstellungen sowie internationalen Kunstmessen unterbringt. Doch das ist eher selten der Fall. „Deshalb ist es für die junge Generation wichtig, dass sie einen Verein haben, der sie in diesen Belangen vertritt”, so Istvánkó.

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FKSE-Projektkoordinatorin Bea Istvánkó: „Es war viel Arbeit, aber heute hat der FKSE aus einer ehemals losen Blättersammlung ein umfassendes Archiv seiner eigenen Geschichte erschaffen.“

Mitglied im FKSE kann jeder werden. Jedes Jahr im Herbst gibt es die Möglichkeit, sich für die Mitgliedschaft zu bewerben. Strenge Kriterien gibt es nicht, einzig eine Altersgrenze, die bei 35 Jahren gezogen wird. Man bewirbt sich mit einem Lebenslauf und einem kurzen Motivationsschreiben, das erklärt, was man sich von der Mitgliedschaft erhofft. Nicht einmal eine abgeschlossene Ausbildung im künstlerischen Bereich werde vorausgesetzt, so Istvánkó. So bewerben sich auch junge Kuratoren, Kunsthistoriker und Kunstkritiker.

Doch von rund hundert Bewerbungen, die jedes Jahr eingehen, nimmt der Vereinsvorstand nur 20 bis 25 für einen Jahrgang an. „Wir wollen denjenigen eine Chance geben, die am meisten von einer Mitgliedschaft profitieren, weil sie eine ungefähre Idee davon haben, was sie damit erreichen wollen. Denn für uns ist es essenziell, dass unsere Mitglieder aktiv am Vereinsleben teilnehmen”, erklärt Istvánkó. Derzeit hat der Verein rund 500 Mitglieder.

Möglichkeiten schaffen

Der FKSE versucht, den jungen Künstlern unter anderem die Möglichkeit für öffentlichkeitswirksame Ausstellungen zu geben: „Auch wenn der Trend sich zu neuen Formen wendet, Ausstellungen gelten immer noch als der wichtigste Kommunikationskanal in der Kunstwelt.” Einmal Mitglied des FKSE hat jeder Künstler das Recht auf eine einführende Ausstellung. Dies wird meist als Gruppenshow aller Neuzugänge eines Jahres realisiert und ist, wie Istvánkó verrät, ein sehr beliebter Programmpunkt, der auch Ehemalige, sogenannte Seniormitglieder in die Galerie zieht.

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In der Galerie können die jungen Künstler ihre Werke einem breiten Publikum vorstellen.

„In jedem Jahr schauen wir, wer 36 wird und einige werden eingeladen, Seniormitglieder zu werden. Natürlich haben wir nicht mehr so viele Programme für Seniormitglieder, aber es geht eben auch darum, die verschiedenen Generationen zusammenzubringen. Es wird erwartet, dass die Erfahreneren den Jüngeren mit ihrem Wissen helfen. Derzeit haben wir zwischen 40 und 50 Seniormitglieder, die sich weiterhin aktiv einbringen. Manchmal organisieren wir auch Gruppenausstellungen, wie unsere jährliche Weihnachtskunstmesse, wo 'Alte' und 'Junge' zusammen ausstellen können”, erzählt Istvánkó.

Ein weiterer Weg, wie FKSE seinen Mitgliedern hilft, sind sogenannte Residency-Programme. Damit ermöglichen sie den jungen Künstlern einen Arbeitsaufenthalt im Ausland: „Es gibt feste Kooperationen mit Künstlerstudios in Prag und in Mooste, Estland. Gemeinsam mit unserem Partner in Ungarn, die Amadeus-Stiftung, und unserem Sponsor, die Versicherungsgesellschaft Union, schicken wir jährlich zwei Künstler für bis zu zwei Monate und mit einem Budget von 1.000 Euro in eine dieser beiden Städte.”

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Zu guter Letzt bietet FKSE seinen Mitgliedern aber auch Arbeitsräumlichkeiten in Budapest. Zwei Studioräume können im Gebäude des Vereins in der Rottenbiller utca 35 quasi zum Selbstkostenpreis gemietet werden. „Dieses Angebot ist besonders begehrt, denn nicht jeder hat ein eigenes Atelier und gerade für Bildhauer und Maler ist ein solcher Platz wichtig. Bei uns können sie Tag und Nacht arbeiten und es gibt keine Nachbarn, die sie stören”, erzählt Istvánkó. Ein dritter Raum kann für kurzfristige Projektarbeiten genutzt werden.

Das vergessene Erbe des Kommunismus

Als FKSE gegründet wurde, herrschte in Ungarn Kommunismus, und zusammenfassende Institutionen wie der Künstlerverein dienten eher dazu, ein wachsames Auge auf eine unliebsame Bevölkerungsgruppe zu werfen. Doch FKSE war nicht unbedingt ein weiteres Rädchen in der Maschinerie des real existierenden Sozialismus', erzählt Istvánkó. So hätten einige der subversivsten Ausstellungen Ungarns vor dem Systemwechsel in der Galerie des Vereins stattgefunden. „Einige Male hat die Staatspolizei sogar die Ausstellung geschlossen und man wurde gezwungen, die Kunstwerke zu entfernen. Doch es hing immer stark von der Ausrichtung Mitglieder ab, in welche Richtung sich der Verein entwickelte.“ Der FKSE hat erst in den letzten Jahren begonnen, ein Archiv seiner eigenen Geschichte zu erarbeiten. Die Materialien werden bald digitalisiert und auch – etwa für Forschungszwecke – online zur Verfügung gestellt.

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Über 500 Kunstwerke umfasst die Sammlung des FKSE, doch die Lagerung überfordert die Ressourcen des Vereins.

Dabei hat die kommunistische Vergangenheit dem Verein vor allem eins eingebracht: eine über 500 Werke umfassende Kunstsammlung. „Zwischen 1958 und 1989 wurde jährlich der mit einer Geldsumme dotierte 'Studio Award' verliehen, im Gegenzug spendete der Gewinner dem Verein einige Kunstwerke.“ Wie Istvánkó erklärt, sei der FKSE aber nach der Wende mit der Instandhaltung und Lagerung dieser Sammlung massiv überfordert gewesen. Die wertvollsten Werke habe man daher der Ungarischen Nationalgalerie übergeben. Was mit dem Rest der Sammlung geschehen soll, die zum Teil aus Werken von sehr unterschiedlicher Qualität besteht, darüber sei man sich im Verein noch unschlüssig: „Haben wir überhaupt das Recht, eine Sammlung, die über eine so lange Zeit angelegt wurde, aufzulösen? Was passiert mit den Stücken, die wir beispielsweise nicht auf Auktionen versteigern können? Oder welche anderen Zwecke gibt es für unsere Sammlung?“, diese Fragen beschäftigen laut Istvánkó den Vereinsvorstand.

Aussichten

Die rosigen Zeiten, in denen sie Kunstwerke erwerben und eine Sammlung unterhalten konnten, sind für den Verein längst vorbei. Heute hat er wie so viele Nichtregierungsorganisationen und Kulturvereine mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Schon das alltägliche Funktionieren droht durch die Kosten für Gebäude, Instandhaltung und Personal gefährdet zu werden. Derzeit fehlt es dem Verein an einem festen Sponsor und auch die Zuschüsse von Regierungsseite für Kulturprojekte wie dem FKSE werden immer weniger. Dies habe aber auch mit der ungerechten Verteilung der Gelder zu tun. In diesem Zusammenhang verurteilt der Verein die Rolle der fidesznahen Magyar Művészeti Akadémia (MMA, deutsch: Ungarische Kunstakademie), der ab 2011 von der zweiten Orbán-Regierung eine übergeordnete Rolle im Kunstbetrieb zugewiesen wurde. Dies macht es kleineren Organisationen schwerer, an vorhandene Ressourcen zu kommen. Hinzu käme, dass seit Januar dieses Jahres der Nationale Kulturfonds, der über die Verteilung der staatlichen Gelder an verschiedene Institutionen entscheidet, nur noch zu einem Drittel von unabhängigen Vertretern der Kunstszene besetzt ist, wohingegen Vertreter der Regierung und der MMA zwei Drittel der Sitze ausmachen. FKSE richtete einen offenen Brief an die Regierung, in dem kritisiert wird, dass dies kein objektiver Weg sei, Steuergelder zu verteilen – gebracht hat der Protest nicht viel: „Es gibt zwar keine Zensur, wir dürfen machen, was wir wollen, es gibt dann nur eben keine Gelder“, klagt Istvánkó.

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Trotzdem versucht der FKSE weiterhin, das Beste aus seinem, aus verschiedenen Fördertöpfen und Geldquellen zusammengepuzzelten Budget herauszuholen. Dabei verlassen sie auch gerne die Sicherheit ihrer vier Wände: Unter Förderung der EU und in Kooperation mit acht weiteren Ländern organisierte der FKSE 2015 das Ausstellungsprojekt „Contain[era]“: Acht Container mit je einer Installation eines jungen Künstlers begaben sich auf eine Reise durch die EU. „Immer weniger Leute, die nicht zum engen Zirkel der Kunstszene gehören, gehen in Galerien. Deshalb müssen wir in den öffentlichen Raum vordringen, um mehr Menschen zu erreichen“, erklärt Istvánkó. Über 20 Jahre lang unterhielt der Verein auch eine Plakatwand am Lövölde tér. Hier wurden wechselnde, teils kritische, teils witzige Kunstwerke internationaler bildender Künstler ausgestellt. Oft wurde dabei auch konkret eine Ähnlichkeit zu üblichen Werbepostern hergestellt und persifliert. Im Mai dieses Jahres wurde dem FKSE jedoch die Genehmigung für die Werbetafel-Galerie entzogen. „Wir suchen aber schon nach einem neuen Standort“, versichert Istvánkó.

Derzeit arbeitet die Programmdirektorin des FKSE an einem gemeinsamen Projekt mit dem Österreichischen Kulturforum, das zu Fuß nur 10 Minuten von der Galerie entfernt liegt. Im Oktober wolle man eine große Ausstellung österreichischer und ungarischer Künstler in Budapest organisieren, kuratieren werde Zsolt Petrányi, einer der führenden Kuratoren der Ungarischen Nationalgalerie.

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FKSE Studiogalerie

Budapest, VII. Bezirk, Rottenbiller utca 35

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 12 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr, samstags 14 bis 18 Uhr

Weitere Informationen zu den Programmen des FKSE können Sie unter www.studio.c3.hu/en/ finden.

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