Das Publicus Institut für Meinungsforschung befragte in der vorvergangenen Woche im Auftrag der linksliberalen Wochenzeitung Vasárnapi Hírek die Bürger, ob sie von der Causa MNB gehört hätten und was ihre Meinung dazu sei. Das Ergebnis ist eindeutig.

Harte Zahlen

So haben zwei Drittel der Bevölkerung von den fragwürdigen Geldangelegenheiten der Stiftungen der Nationalbank gehört und ganze drei Viertel von ihnen halten das Geschehene für nicht mehr hinnehmbar. Unter den Befragten denken sechs von zehn, dass die Verteilung der Stiftungsgelder Fälle von Korruption waren. Interessanterweise sehen auch Fidesz-Anhänger die Geschehnisse kritisch. 46 Prozent der befragten Regierungsparteianhänger verurteilen die Geldverteilungen, 37 Prozent stimmten dieser Aussage nicht zu.

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Die erdrückende Mehrheit der Ungarn sieht MNB-Chef Matolcsy in Zugzwang und würde seinen Rücktritt begrüßen.

Dabei sieht die Gesamtheit der Befragten die Verantwortung keineswegs nur beim Präsidenten der Nationalbank allein. 60 Prozent gaben an, die Regierung trage eine Mitschuld, lediglich 20 Prozent sehen allein Matolcsy als Schuldigen. Die Konsequenzen sollte den Befragten zufolge in erster Linie trotzdem der MNB-Chef tragen. Nach einem möglichen Rücktritt Matolcsys befragt, gaben lediglich 16 Prozent an, dies sei nicht erforderlich, wohingegen 60 Prozent dies für angebracht hielten.

Doch dieser scheint nach wie vor an seinem Posten festzuhalten. Bereits in der vergangenen Woche überreichte ihm der MSZP-Chef József Tóbiás eine Aufforderung zum Rücktritt. Vielmehr unternahm er den Versuch, denn in der Nationalbank selbst waren Pressevertreter nicht erwünscht und auch Tóbiás drang nicht bis zum Leiter des Hauses vor, sondern konnte das Schreiben nur einem MNB-Mitarbeiter übergeben.

In dem Dokument zählt Tóbiás die Gründe auf, warum György Matolcsy seiner Meinung nach für den Posten des MNB-Vorsitzenden nicht mehr tragbar ist. So steht die offene Unterstützung des Wahlsieges des Fidesz 2018 in krassem Widerspruch zur eigentlich erforderlichen Staatstreue des Amtes, ebenso wie der Versuch, 260 Milliarden Forint „verstecken” zu wollen. (Tóbiás zielt hier auf eine Gesetzesinitiative ab, nach der die Gelder der MNB-Stiftungen ihren Charakter als „öffentliche Gelder verlieren – das Gesetz wurde von Staatspräsident Áder jedoch nicht unterschrieben.) All dies sei unvereinbar mit dem Amt. Am Mittwoch lief das von der MSZP gestellte Ultimatum aus, bis zum Redaktionsschluss war von einem Rücktritt Matolcsys jedoch nichts zu hören. Die Sozialisten wollen sich nun an Staatspräsident Áder wenden, damit dieser den Notenbankchef aus seinem Amt entfernt.

„Kein Grund für einen Rücktritt”

Und noch eine weitere Rücktrittsforderung machte dieser Tage die Runde. In einem Interview mit der linksliberalen Tageszeitung Népszabadság sprach der Oberste Staatsanwalt Péter Polt davon, dass für einen Rücktritt keinerlei Gründe vorhanden seien. Nach dem Zusammenhang zwischen der Arbeit seiner Frau als Aufsichtsratsmitglied bei einer MNB-Stiftung und einem möglichen Ermittlungsverfahren in dieser Causa befragt, sieht Polt keinerlei Versäumnisse seitens seines Amtes: „Auch bisher war nicht entscheidend, wessen Bekannter oder Verwandter wo arbeitet, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Es ist gesetzlich fixiert, in welchen Fällen unter welchen Voraussetzungen unser Amt tätig wird.”

Demgegenüber steht die auffällig geringe und seit Polts Amtsantritt stark zurückgegangene Zahl an Ermittlungsverfahren in Korruptionsfällen. Auch hierzu findet der Oberste Ankläger eine Erklärung: „Es gibt sie (Korruptionsermittlungsverfahren – Anm.), aber zugegeben, wesentlich weniger, als sein könnten.” Dabei sieht er die Verantwortung für den Anti-Korruptionskampf bei den Gesetzgebern, er und sein Amt als Teil der Exekutive könnten nur damit arbeiten, was ihnen die Legislative an Rüstzeug in die Hand gibt.

„Sehe Verfahren gelassen entgegen”

Dass dieses „Rüstzeug“ in anderen Fällen sehr wohl reicht, um die Ermittlungen aufzunehmen, zeigte sich in dieser Woche am Beispiel des Schulleiters und einer der Leitfiguren der Lehrerproteste, István Pukli. Am Montag berichtete das Boulevardblatt Blikk als erstes über das Ermittlungsverfahren gegen István Pukli. Das Nachrichtenportal index.hu befragte dazu den politisch aktiven Schulleiter, der sich überrascht zeigte: „Ich weiß von keinerlei Ermittlungen, ich habe diesbezüglich keine Mitteilung erhalten, aber sein kann es natürlich trotzdem.”

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István Pukli sieht dem Ermittlungsverfahren gelassen entgegen. (BZT-Fotos: Nóra Halász)

Tatsächlich hat ein, wie index.hu schreibt, „notorischer Anzeiger”, nämlich ein gewisser István Tényi, die Sache ins Rollen gebracht. Tényi wirft dem Schulleiter den „Missbrauch eines öffentlichen Amtes” vor. Konkret hätte Puklis Verhalten dazu geführt, dass einer der Lehrer des Blanka Teleki Gymnasiums kündigte. Als Schulleiter Pukli zum zivilen Ungehorsam in der Schule aufrief, hätte er zuerst die Meinung des Lehrkörpers einholen müssen. Polizei und Ermittlungsbehörde sahen den Anfangsverdacht nicht nur als begründet, sondern leiteten das Verfahren gar an die Abteilung für herausragend wichtige Fälle weiter.

Pukli selbst sieht dem Verfahren gelassen entgegen. Eine Konsultation mit seinem Anwalt hätte ergeben, es läge keinerlei Straftat vor. „Es ist ganz offensichtlich, dass sich die Machthaber und ihre Gefolgsleute daran stören, wenn sich jemand ihrer Dummheit entgegenstellt.” Das Ganze sei Teil einer Rufmord-Kampagne und nicht mehr, ist sich Pukli sicher.

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