Während viele Budapester den Pfingstmontag nutzten, um einmal richtig auszuschlafen, fanden sich auf dem Dach des Pariser Kaufhauses in der 360Bar auf der Andrássy út mehr als 30 Sportbegeisterte zusammen, um an einem der begehrten Kurse von Yogi – so nennt man professionelle Yogalehrer – Petra Szappan teilzunehmen. Ihre Sportmatte haben die meisten selbst mitgebracht und sich damit quer über die Fläche der beliebten Dachterrassenbar verteilt. Am Abend legen in diesem Lokal angesagte DJs auf, wird getrunken und getanzt, doch jetzt streckt man sich hier barfuß dem Himmel noch ein wenig mehr entgegen. Vor dem Panorama der Budapester Innenstadt geht es weiter mit Übungen, die wunderliche Namen tragen, wie etwa „Sonnengruß“, „der Hund“, „der Krieger“ oder „der Schmetterling“. Zwar weht an diesem kühlen Maitag eine steife Brise über die in luftiger Höhe gelegene Dachterrasse hinweg. Doch auch die Sonne lässt sich blicken und spätestens die intensiven Übungen in der zweiten Hälfte des fast zweistündigen Kurses lassen die Frühaufsteher ins Schwitzen kommen.

„Die Atmosphäre ist hier einfach unglaublich“

Für Yogatrainerin Petra Szappan, die unter dem Namen „Petraflow“ das Yogaevent organisiert, ist es bereits die zweite Yogasaison in der 360Bar. Im vergangenen Jahr kam ihr die Idee, die damals gerade neu eröffnete Location für diesen ungewöhnlichen Zweck zu nutzen: „Ich bin selbst häufig zu Gast in der 360Bar. Als ich das erste Mal hier war, wusste ich, dass ich auf dieser Dachterrasse unbedingt ein Event veranstalten wollte. Die Atmosphäre ist hier einfach unglaublich“, schwärmt Szappan über das Lokal, das eine einzigartige Rundumsicht auf das Budapester Stadtpanorama ermöglicht.

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Dabei sei, so Szappan, beim Yoga die Umwelt zwar eigentlich von eher untergeordneter Bedeutung, geht es doch vor allem darum, was im Inneren vor sich geht. Doch durch die Verbindung der Yogaerfahrung mit einer hippen Location, wie es die 360Bar ist, möchte die Yogalehrerin vor allem neue Zielgruppen erschließen.

„Yoga hat ein Imageproblem“

„Viele Menschen haben ein falsches Bild von Yoga“, erzählt Szappan, die vor ungefähr sieben Jahren die rund tausend Jahre alte Lehre für sich entdeckt hat. „Sie denken, es sei langweilig, nur etwas für ältere, weniger bewegungsfreudige Menschen oder Esoteriker und glauben sich deshalb nicht mit diesem Lebensstil identifizieren zu können. Ich gehörte früher selbst zu dieser Gruppe.“

Noch 2009 arbeitete Szappan als Accountmanagerin in einer Werbeagentur und war sehr gestresst: „Yoga war damals das Einzige, was mich nach einem langen Arbeitstag noch entspannen konnte.“ Irgendwann hat die junge Budapesterin dann ihren Job an den Nagel gehängt und angefangen, in einem Yogastudio zu arbeiten. Durch viele Kurse und Weiterbildungen habe ich mich dann zur Trainerin hochgearbeitet.

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Yoga ist für alle da – auch internationalen Teilnehmern steht das Rooftop-Yoga offen.

Szappan versucht mit ihren Events, der Yogalehre ein neues, frischeres Image zu geben. Mit der 360Bar als Veranstaltungsort hofft sie, vor allem jüngere Menschen mit einem aktiven Lebensstil anzusprechen: „Die Leute müssen nicht in ein Yogastudio kommen, in dem sie sich vielleicht unwohl fühlen, ich hole sie da ab, wo sie „zuhause“ sind.

Szappan gibt zu, dass das Yoga, dass sie auf ihren Events praktiziert, sicherlich nicht zu einer, beim Yoga eigentlich angestrebten tiefen Selbstversenkung führen wird, unter anderem wegen der zahlreichen optischen Eindrücken und des DJs, der die Events live mit Musik begleitet. „Mir geht es vielmehr darum, dass ich die Leute an Yoga heranführe und ihnen zeige, dass Yoga Spaß machen kann. Ich hoffe, die Teilnehmer gehen nach dem Rooftop-Yoga heim und denken: 'Yoga ist cool und passt zu meinem Lebensstil!'“

Die Veranstaltungen von „Petraflow“ sind ein Schwellenangebot. „Einige von denen, die bei meiner Veranstaltung in ersten Kontakt mit Yoga gekommen sind, machen danach weiter und gehen sogar in ein Yogastudio.“

Yoga ist für jedermann

Yoga kann eigentlich jeder erlernen, es gibt kaum Beschränkungen. Auch beim Rooftop-Yoga sind Männer wie Frauen, Anfänger wie Fortgeschrittene gleichermaßen willkommen. „Die Gruppe ist sehr gemischt und ich versuche ein Programm zu erstellen, das jedem das gibt, was er braucht“, erzählt Szappan. Es stehen Körperübungen im Mittelpunkt, die sogenannten Asanas, die Kraft, Flexibilität und Gleichgewicht trainieren. Davon vermittelt Szappan bei ihren Veranstaltungen einfache Übungen, wie etwa „den Hund“, bei dem der Körper ein umgekehrtes V bildet, aber auch fortgeschrittenere Asanas.

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Wenn es aber darum geht, das Bein hinter die eigene Schulter zu klemmen und den so verknoteten Körper mit den Armen über dem Boden schaukeln zu lassen, gibt doch der ein oder andere Anfänger auf. „Das ist aber kein Problem, ich biete immer Alternativen an, wenn mal eine Bewegung nicht gelingen will. Die Hauptsache beim Yoga ist, sich wohlzufühlen. Es sollte nicht wehtun. Man muss seine eigenen Grenzen akzeptieren und den Körper atmen lassen, dann kommt man irgendwann dort hin“, erzählt Szappan. „Beim Yoga geht es schließlich auch darum, sich selbst zu entwickeln.“ Ihren Yogastil beschreibt die professionelle Trainerin als „Flow-Yoga“, eine dynamischere Form der traditionellen Yogaübungen. „Dies passt vor allem zu jungen oder schnell ablenkbaren Menschen. Die Übungen sind intensiver und es hat den Vorteil, dass man dabei auch an seinem Körper arbeiten kann“, so Szappan.

Der sportliche Aspekt steht zwar beim Yoga nicht im Vordergrund und immer wieder wechseln sich auch in Szappans Programm körperlich intensive Übungen mit kurzen meditativen Entspannungsübungen ab, aber trotzdem wachen viele Teilnehmer am nächsten Morgen mit einem leichten Muskelkater auf.

Szappan erfreut sich mit ihren Veranstaltungen großer Beliebtheit und ist neben der Veranstaltungsreihe in der 360Bar auch zweimal im Monat im Aria Hotel im V. Bezirk vertreten. Vor kurzem wurde ihr Rooftop-Yoga sogar im offiziellen Bewerbungsvideo der Stadt Budapest für die Sommerolympiade 2024 gefeatured. Ein eigenes Yogastudio will Szappan aber trotzdem nicht eröffnen: „Es gibt mir nicht die Freiheit, die ich brauche.“ Viel lieber will die Yogalehrerin noch weitere Veranstaltungsreihen entwickeln. Für den Sommer plant sie, in der neueröffneten Pontoon-Bootsbar am Budaer Donauufer ein wöchentliches Feierabendevent mit dem Titel „Sunset-Yoga“ zu veranstalten.

Weitere Informationen zu Petra Szappan, Rooftop-Yoga und kommende Veranstaltungen finden Sie unter www.facebook.com/petraflowyoga.


Woher kommt Yoga?

Eigentlich ist Yoga sehr viel mehr, als der „Verrenksport“, als der er Ende des 20. Jahrhunderts hierzulande bekannt wurde. Bei Yoga handelt es sich um eine umfassende philosophische Lehre, die körperliche Übungen, Atemtechniken, Konzentrationsübungen und Meditation beinhaltet und ihren Ursprung in Indien hat. Das Wort selbst stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel, wie „zusammenbinden“. Die beruhigende und ausgleichende Wirkung des Yogas soll besonders gestressten Menschen mehr Gelassenheit geben.

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